Rechtspopulistischer Sozialist: "Neun Schwarze von elf"

Die französischen Sozialisten haben ein Problem: Ihr Exvorsitzender, George Frêche, wurde trotz rechter Sprüche und Parteiausschluss von der Basis für die Regionalwahlen nominiert.

Der französische Politiker Georges Freche. Bild: ap

PARIS taz | Sozialistenchefin Martine Aubry träumte schon laut von einem Frankreich "ganz in Rosarot". Derzeit regieren die französischen Sozialisten mit ihren linken und grünen Partnern 20 der 22 Regionen. Das ehrgeizige Ziel nach den Regionalwahlen im März zu erreichen schien aufgrund der Umfragen nicht unrealistisch.

Ausgerechnet die südfranzösische Region Languedoc-Roussillon, eine der linken Hochburgen, könnte nun aber die Aussicht auf einen umfassenden Wahlsieg gründlich trüben. Schuld daran ist der langjährige Vorsitzende der Region, Georges Frêche.

Mit seinem populistischen Stil, groben Manieren und ausfälligen Bemerkungen ist er seit Langem für die Parti Socialiste (PS) ein Problemfall und sogar schlicht untragbar. Nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. meinte er öffentlich zur Wahl des Nachfolgers: "Ich hoffe bloß, dass der besser ist als der vorige Blödmann."

Den in seiner Region lebenden Harki-Familien (Algerier, die beim Unabhängigkeitskrieg mit den Franzosen kollaborierten) sagte er 2006, sie seien "Untermenschen ohne Ehrgefühl". Im selben Jahr kritisierte er, dass es in der französischen Fußballmannschaft "neun Schwarze von elf" Spielern gebe. Er hielte "drei oder vier für normal".

Wegen Verharmlosung von Kriegsverbrechen angeklagt, wurde er Ende 2009, als er über die zwei Millionen französischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg spottete, die seiner Meinung nach "in Ferienlager geschickt wurden, um sich dort um die Gretchen zu kümmern, deren Männer sich an der russischen Front abrackerten".

Nach der rassistischen Beschimpfung der Harkis war er von der Parteileitung suspendiert worden. Weil dies nichts fruchtete, wurde der uneinsichtige und unkontrollierbare Frêche im letzten Jahr schließlich aus der Partei ausgeschlossen. Trotzdem nominierten ihn die Mitglieder der fünf Departementsverbände des Languedoc-Roussillon mit der überwältigen Mehrheit von 90 Prozent zum Spitzenkandidat der PS-Liste für die Regionalwahl. In ihrer Verlegenheit beschloss die Parteileitung zuerst, diesem Basisentscheid ihren Segen zu geben, obschon manche wie Laurent Fabius davor warnten.

Diese Einwände wiederum veranlassten Frêche, Fabius zu attackieren, der ja "nicht gerade eine katholische Fresse" habe und darum kein Vertrauen verdiene. Da der ehemalige Premierminister Fabius aus einer jüdischen Familie stammt, löste die antisemitische Anspielung einen neuen Skandal um Frêche aus.

Jetzt muss PS-Chefin Aubry kurzfristig eine alternative linke Liste gegen Frêche und seine Kandidaten aufstellen. Sie hofft dabei auf die Unterstützung der Grünen. Den Sozialisten, die Frêche die Treue halten, droht sie mit dem Ausschluss. Das Dilemma ist umso größer, da der bisherige Regionsvorsitzende und frühere Bürgermeister von Montpellier über eine solide Basis in seiner Region und auch noch gewichtige Unterstützer wie den Schauspieler Gérard Depardieu verfügt.

Selbstsicher und wie immer großspurig erklärte Frêche, die Regionalwahlen im Languedoc-Roussillon würden nun zu einem Plebiszit: Für oder gegen Frêche. Doch PS-Sprecher Claude Bartolone meinte dazu: "Wir verlieren lieber eine Region als unsere Seele."

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