Dialog im Vatikan: Papst aller Schiiten

Iranische und vatikanische Theologen einigen sich auf gemeinsame Erklärung. Erstmals empfängt Benedikt XVI schiitische Würdenträger.

Papst Ratzinger setzt jetzt wieder auf den Dialog mit islamischen Vertretern. Bild: dpa

ROM taz Der Vatikan und hochrangige iranische Theologen haben sich in Rom auf eine gemeinsame Erklärung zum "Verhältnis von Glaube und Vernunft im Christentum und im Islam" geeinigt - und Papst Ratzinger verlieh dem Dokument seinen höchsten Segen, indem er die iranische Delegation am Mittwoch persönlich empfing.

Von Montag bis Mittwoch hatten Vertreter des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog und des "Islamic Culture and Relations Organization" mit Sitz in Teheran auf einem Seminar ihre Auffassungen zu Glaube und Vernunft ausgetauscht. Sieben Punkte beschrieben am Ende den Konsens zwischen Katholiken und Schiiten. Wer glaubt, ist selbstverständlich überzeugt, dass es "manchmal vorkommen kann, dass der Glaube über der Vernunft steht, auch wenn er ihr nie entgegensteht". Glaube und Vernunft seien "von sich aus gewaltlos". Bedauerlicherweise sei es "immer wieder vorgekommen, dass beide missbraucht wurden, um Gewalt zu üben". Den Segen der Ayatollahs und Prälaten hätten die Missbrauchstäter aber nicht.

"Über Toleranz hinausgehen und Unterschiede akzeptieren" sollen Christen und Muslime, getragen von "gegenseitigem Respekt", unter Verurteilung der "Verhöhnung von religiösen Überzeugungen", heißt es weiter.

Aus dem Vatikan verlautet zu dem Dokument, es sei Teil eines schon seit Jahren gepflegten Austausches. Die in Rom versammelten Theologen trafen sich zum nunmehr sechsten Seminar; sie einigten sich darauf, in zwei Jahren wieder in Teheran zusammenzukommen. Doch diesmal erhielt die Begegnung eine deutliche Aufwertung, da Papst Benedikt XVI. die islamischen Gelehrten selbst empfing.

Papst Ratzinger fügt so dem Auf und Ab in seinen Beziehungen zum Islam ein weiteres Kapitel hinzu. Nachdem im September 2006 seine spektakuläre Regensburger Rede für großen muslimischen Missmut gesorgt hatte, hatten 138 islamische Theologen einen Aufruf zum Dialog an den Papst geschickt, und der hatte positiv geantwortet. Ostern 2008 aber hatte Ratzinger im Vatikan den ägyptischstämmigen italienischen Journalisten Magdi Allam getauft; Allam hatte seine Abwendung vom Islam mit heftigen Angriffen auf seine alte Religion garniert - und jene 138 Theologen hatten einen neuen empörten Brief an den Heiligen Vater gesandt. Jetzt aber schlägt Ratzinger sich wieder auf die Seite des Dialogs und geht auf Distanz zu übelwollenden Koran-Auslegungen. Im Dokument heißt es, religiöse Traditionen könnten "nicht anhand einzelner Verse oder Textstellen beurteilt werden".

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