Weitere Server nach Schweden verlagert: Piratenpartei schützt Wikileaks

Wikileaks sucht die Hilfe der schwedischen "Piraten". Die Server der Partei sollen die Internet-Plattform besser vor möglichen Polizeirazzien schützen.

Rick Falkvingedie (li.) und Anna Troberg (re.) von der schwedischen Piratenpartei mit Wikileaks-Gründer Julian Assange. Bild: piratpartiet

STOCKHOLM taz | „Piratenpartei übernimmt Verantwortung für Sicherheit und Betrieb von Wikileaks“, lautete am Dienstagabend die Topmeldung in der Tagesschau des schwedischen Fernsehens. Im Bemühen sich vor der Veröffentlichung weiterer geheimer Afghanistan-Dokumente vor einer möglichen Polizeirazzia oder Beschlagnahme von Servern zu schützen, versucht sich die Internet-Plattform nun zusätzlich abzusichern.

Am Montag hatte der Wikileaks-Gründer Julian Assange in Stockholm den „Utgivningsbevis“ beantragt. Eine schwedische Medienlizenz, die formale Voraussetzung dafür ist, um unter den dortigen verfassungsrechtlich garantierten Quellenschutz zu fallen – der als einer der weltweit umfassendsten gilt. Einen Tag später wurde die Zusammenarbeit mit der „Piratpartiet“ bekannt gegeben. „Immun sind unsere Server sicher auch nicht“, meint Anna Troberg, stellvertretende Vorsitzende der schwedischen Piratenpartei: „Aber es würde wohl einen wesentlich höheren politischen Preis kosten, die Server einer politischen Partei anzurühren.“

Während das „Pentagon die Daumenschrauben anzieht“, wolle man Wikileaks mit diesem Schritt Sicherheit und Ruhe für die weitere Arbeit bieten. Zur Zeit werde ein komplettes Wikileaks-Backup auf die Parteiserver gestellt, über die die Seite dann in einigen Tagen laufen könne. Die Server sowie die Bandbreite, die die Piratenpartei zur Verfügung stelle, werde für Wikileaks kostenlos sein. „Was Wikileaks macht, geht die ganze Welt an und damit auch Schweden und uns“, rechtfertigte Troberg den Schritt.

Auf einen Nebeneffekt allerdings, nämlich vier Wochen vor den Parlamentswahlen mit der Hilfe für Wikileaks Wind in die Segel des Parteischiffs zu bekommen, hoffen die „Piraten“ vermutlich auch. Letzte Umfragen hatten ihnen keine Chance zum Überwinden der 4-Prozent-Sperrklausel eingeräumt, nachdem sie vor einem Jahr bei den Europawahlen sensationelle 7,13 Prozent erringen konnten und nun mit zwei Abgeordneten im EU-Parlament vertreten sind.

„Wir haben gezeigt, dass wir handeln, während die anderen nur reden“, sagt Anna Troberg: Letzte Woche habe man alle anderen schwedischen Parteien öffentlich gefragt, was sie für die Unterstützung der demokratischen Arbeit von Wikileaks tun wollten – und keine habe es auch nur für nötig gehalten, zu reagieren. „Wir sitzen nicht nur am Spielfeldrand und tröten mit den Vuvuzelas“, betont Troberg: „Wir sind mit auf dem Spielfeld und riskieren etwas für das, woran wir glauben.“

Durch die Zusammenarbeit mit der „Piratpartiet“ sieht Julian Assange die Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit von „Wikileaks“ nicht gefährdet. Und er hat auch kein Problem damit, dass diese Partei kürzlich eine ähnliches „Backup“-Abkommen mit der Filesharing-Seite „Pirate Bay“ getroffen hat: „Wir haben Mithelfer auf der ganzen Welt und soweit ich es verstehe, ist die Piratenpartei eine Gruppe von Menschen, die den freien Austausch von Informationen verteidigt.“

Auch die Frage, ob es nicht problematisch sei, dass „Wikileaks“ immer „schwedischer“ werde – in Schweden stehen bereits andere zentrale „Wikileaks“-Server – verneint Assange: „Hier gibt es Verständnis und Interesse für Integritätsfragen. Und er begrüßt auch, dass die schwedische Sektion von „Reporter ohne Grenzen“ als erste klarstellte, man habe „keinen Konflikt“ mit „Wikileaks“. In der vergangenen Woche hatte die Pariser Zentrale dieser Journalistenorganisation in einer Erklärung zur Veröffentlichung der Afghanistan-Dokumente noch von „unglaublicher Verantwortungslosigkeit“ gesprochen. In einer neuen Erklärung wird diese Kritik zwischenzeitlich als „Kontroverse“ deutlich relativiert und stattdessen die grundsätzliche Unterstützung der Arbeit von „Wikileaks“ betont.

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