Italien isst nur noch italienisch: Pizza Rigorosa

Im Abgeordnetenhaus in Rom darf nur noch italienisch gegessen werden. Was angeblich die heimische Wirtschaft ankurbeln soll, demonstriert nur die wachsende Ausländerfeindlichkeit Italiens.

Pizza, Pasta und Parmaschinken - mehr soll es in Italien nicht mehr zu Essen geben. Bild: ap

ROM taz Immer wieder musste Italiens Regierung sich in den letzten Monaten vorwerfen lassen, ihre Anti-Krisen-Strategie sei nicht recht zu erkennen. Dem jungen Abgeordneten Maurizio Fugatti aus der rechtspopulistischen Regierungspartei Lega Nord ließ das keine Ruhe. So setzte er jetzt eine konkrete, unmittelbar wirksame Vorschrift durch, die die heimische Wirtschaft unzweifelhaft stärken wird.

Denn ab sofort wird am Buffet des Abgeordnetenhauses in Rom nicht mehr wie bisher französische Butter zum Brot gereicht, sondern nur noch, so Fugattis angenommener Vorschlag: "rigoros italienische".

Spötter aus der Opposition wollten den Coup sofort als billige Propagandanummer enttarnen. So erklärte der Parlamentarier Fabio Evangelisti: "Wenn wir diesem groben Provinzialismus und propagandistischen Protektionismus wirklich Recht geben wollten, müssten wir auch norwegischen Lachs aus der Parlamentskantine verbannen.

Und der wird auch von Abgeordneten aus der Lega Nord gern verspeist, begleitet von einem Glas ausgezeichneten schottischen Whiskys."

Ironiefreier Unsinn

Doch sein Sarkasmus kommt bei den Lega-Nord-Abgeordneten nicht an. Ohne jegliche Ironie legte Fabio Rainieri, ausgerechnet aus Parma, umgehend nach: "vom Käse bis zum Schinken" müsse im Parlament alles italienisch sein. Das sei einfach "eine Notwendigkeit, die durch die schwierige Phase, die unser ökonomisches System in den letzten Monaten erlebt, noch dringlicher wird".

Kein Makroökonom hat bisher den Beitrag zum Aufschwung errechnet, den patriotische Abgeordnete durch eifrigen Verzehr von Parmaschinken herbeifuttern könnten. Doch Landwirtschaftsminister Luca Zaia (auch er von Lega Nord) griff die Idee, die Kantine komplett in einen nationalen Kampfplatz zu verwandeln, begeistert auf.

"Nur italienische Produkte" gehören ins Buffet, befand Zaia, und überhaupt: "warum nicht einen Grappa trinken statt eines Whiskeys?"

Schließlich sei das nicht bloß eine Frage der Handelsbilanz, sondern auch eine nach der Qualität parlamentarischer Arbeit. Zaia dekretierte: "Wir wollen, dass die Abgeordneten gut essen, um gut zu arbeiten. Und um gut zu arbeiten, dürfen sie ausschließlich italienisch essen."

Schon im Dezember war Zaia mit einem Angriff gegen einen weiteren kulinarischen Invasoren aufgefallen: die Ananas. Diese fremdländische Tropenfrucht gehöre einfach nicht auf italienische Tische, verfügte er. Nach den Weihnachtstagen feierte er den - allerdings eher imaginären - Erfolg der Kampagne, die die Italiener gar nicht recht mitbekommen haben: Mangos, Papayas und andere unerwünschte Eindringlinge von jenseits der Grenze blieben in der Tat auf den Obsttheken liegen. Das ist aber keine Frucht der rechtspopulistischen Kampagne, sondern vielmehr eine Begleiterscheinung der Wirtschaftskrise: die arg gebeutelten Italiener sparen in diesen Zeiten überall kräftig - und so eben auch am Essen.

Das alles wäre nur eine amüsant-dämliche Randgeschichte, wenn Italiens Rechte die chauvinistisch angehauchte Küchen-Offensive auf die Kantine des Parlaments beschränken würde. Doch auch Bürgermeister und Regionalpolitiker wollen nun dem ganzen Volk ihre national-kulinarische Erziehung angedeihen lassen - eine Erziehung, in der sich Kommerz und Kultur gesunder Ausländerfeindlichkeit wunderbar treffen.

Im toskanischen Lucca verabschiedete der Stadtrat einen Beschluss, der innerhalb der Altstadtmauern alle Restaurants verbietet, deren "Aktivität auf andere Ethnien zurückzuführen ist". So sollen chinesische Restaurants und Kebab-Buden aus dem Zentrum verbannt werden. Auch die Region Lombardei bastelt an einer Verfügung, die für alle ihre Kommunen Gleiches vorsieht.

Dabei argumentiert man erneut ganz ungeniert mit den Interessen der italienischen Anbieter und wirft den Kebab-Buden-Betreibern genau die Tugend vor, die sonst von den Berlusconis und seinen Alliierten der Lega Nord gern hochgehalten wird: Die Araber arbeiten zu lange. Sie halten ihre Stände von früh bis spät auf, und das ist einfach "unfaire Konkurrenz".

"Faire Konkurrenz" dagegen wird in Zukunft stattfinden - wenn die Parlamentarier zwischen Parmaschinken und San Daniele, die Bürger von Lucca zwischen Pizza Funghi und Pizza Margherita wählen können.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.