Italiens Mitte-Links-Regierung am Ende: Prodi reicht Rücktritt ein

Berlusconis Opposition feiert: Der italienische Premier verlor am Donnerstagabend ein Vertrauensvotum im Senat. Nun ist offen: Lässt sich eine Übergangsregierung bilden oder gibt es Neuwahlen?

Ende einer Regentschaft: Romano Prodi verlässt um 22 Uhr den Palast des Präsidenten, nachdem er dort seinen Rücktritt eingereicht hat. Bild: reuters

ROM dpa/afp/taz All dies ist Romano Prodi immer wieder nachgesagt worden: Er sei ruhig und trocken, um nicht zu sagen langweilig. In der vorläufig letzten Schlacht des italienischen Regierungschefs kamen nun aber neue Attribute für den Wirtschaftsprofessor mit dem mangelnden Charisma auf - jetzt war er eigensinnig und heroisch, er trug die Krise ins Parlament, obwohl er doch rechnen kann. Denn seit dem Ausstieg einer Mini-Partei mit drei Senatoren war dem seit 618 Tagen regierenden Prodi der Boden entzogen. Was tun?

Das war für ihn keine Frage: Prodi gab sich kämpferisch und stur. Er ging den Weg bis zum bitteren Ende. Der Senat bescheinigte ihm, was schon vorher klar schien - er hat kein Vertrauen mehr in den Mann, den die Italiener "Il Professore". Von den 318 anwesenden Senatoren stimmten 161 mit Nein, und nur 156 mit Ja - bei einer Enthaltung. Direkt im Anschluss reichte Prodi seinen Rücktritt ein.

Doch Italien wäre nicht Italien, mit mehr als 60 Regierungen seit dem Zweiten Weltkrieg, wenn eine akute Regierungskrise einfach mit Vertrauensfrage, Rücktritt der Ministerriege und Neuwahlen aus der Welt geschafft werden könnte. Und so waren 72 Stunden Zeit geblieben für das Bangen und Hoffen, Schachern und Sondieren bis zu dem entscheidenden Showdown am Tiber.

Zum Schluss hatte Prodi im Plenum versucht, mit seiner Rede noch Senatoren auf seine Seite zu ziehen. "Diesen Regierungsversuch zu beenden, ist ein Luxus, den Italien sich nicht leisten kann", hatte er erklärt. "Ich bitte die Senatoren und Senatorinnen um das Vertrauen, um den Reformprozess, den das Land braucht, mit neuem Schwung wiederaufzunehmen", plädierte Prodi. Er hatte sogar eingeräumt, dass das Land eine entscheidungsstärkere Regierung, knappere Prozeduren und vielleicht ein umgestelltes Kabinett brauche. Vergeblich.

Die am Mittwoch in ganz Italien diskutierte Frage, ob Prodi seine Vertrauensfrage in der zweiten Kammer überhaupt noch stellen sollte, gehörte mit zum Spiel um die Macht in Rom und die politische Zukunft - und zwar auf allen Seiten. Ein Rücktritt Prodis ohne Senatsvotum, das "wäre ein weniger traumatisches Ende und ließe dem Staatspräsidenten die Möglichkeit, andere Weg zu erkunden", hatte "La Repubblica" zuvor noch orakelt.

Die oppositionellen Senatoren feiern Prodis Niederlage mit Champagner. Bild: ap

Andere Wege? Die sind nicht nach dem Geschmack der rechten Opposition. Die feierte Prodis Niederlage im Senat mit Applaus. "Wir gehen auf Wahlen zu - das ist eine große Freude", verkündete Gianfranco Fini, Chef der postfaschistischen Nationalen Allianz, nach dem Votum. "Jetzt muss gewählt werden", forderte auch Prodis Vorgänger Silvio Berlusconi. Jüngste Umfragen sehen das rechte Parteienspektrum mit rund zwölf Prozent Vorsprung vor dem Mitte-Links-Bündnis.

Ein solches Neuwahlszenario gefällt indessen Walter Veltroni nicht. Der Bürgermeister Roms und führende neue Kopf des Mitte-Links-Lagers möchte erst das Wahlrecht reformieren, um das Italien der zersplitterten Parteienlandschaft regierbarer zu machen. Neuwahlen darf es von ihm aus danach im Sommer geben. Veltroni hatte gemeinsam mit Prodi zwei Mitte-Links-Parteien zur Demokratischen Partei zusammengeschlossen.

Schachern und Sondieren: Während das Mitte-Links-Bündnis vor einem "Alptraum mit offenen Augen" steht, wie der "Corriere della Sera" meinte, kam der erfahrene Regierungschef und frühere EU-Kommissionspräsident nur Stunden vor der angesetzten Senatsvotum von neuem im Quirinalpalast mit dem Staatspräsidenten zusammen. Immerhin galt es als durchaus denkbar, dass Giorgio Napolitano den vor dem Aus stehenden Prodi für eine Übergangszeit bis nach einer Wahlrechtsreform wieder ins Amt einsetzen könnte. Entweder also ein neuer Regierungsauftrag oder Neuwahlen, so soll Prodi ihm dann die Pistole auf die Brust gesetzt haben. Napolitano seinerseits hatte dem unglücklichen Regierungschef nahegelegt, das Handtuch zu werfen - ohne "Durchfallen" im Senat.

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