Rentenstreit in Frankreich: Sarkozy geht jetzt in die Totaloffensive

Als herrsche Krieg, wird eine blockierte Total-Ölraffinerie vom Staat geöffnet. Die Gewerkschaften hoffen auf eine Fortsetzung des Streiks und planen weitere Aktionstage.

Nach der erzwungenen Öffnung einer Raffinerie fahren die Tanklaster wieder unter Aufsicht der Gendarmerie. Bild: dpa

PARIS taz | Die umstrittene französische Rentenreform sollte noch im Verlauf einer Marathonsitzung des Senats am Freitagabend verabschiedet werden. Wenn das klappt, soll nach Meinung von Arbeitsminister Eric Woerth auch Schluss mit dem Widerstand sein.

Präsident Nicolas Sarkozy drängt, nun Tempo zu machen. Anders sehen das die Gewerkschaften, die sich bereits auf zwei weitere Aktionstage am 28. Oktober und 6. November geeinigt haben.

Da bisher alle Versuche der Staatsführung gescheitert sind, die Streikenden und Demonstrierenden einzuschüchtern oder als Mitverantwortliche für eine gewaltsame Radikalisierung des Konflikts zu diskreditieren, bleibt ihr in Reaktion darauf nur die harte Tour.

Gestern ließ Sarkozy zum Angriff auf eine Bastion des Widerstands gegen die Rentenreform blasen: In aller Frühe gingen Einheiten der Gendarmerie vor der seit zehn Tagen besetzten und verbarrikadierten Erdölraffinerie "Grandpuits" des Ölkonzerns Total im Südosten von Paris in Stellung.

Der Polizeipräfekt des Departements Seine-et-Marne persönlich überreichte den Streikenden an der Blockade einen Befehl, in dem zu lesen war, dass die Anlage im Namen der Landesverteidigung unter staatliche Kontrolle gestellt und das Personal zwangsverpflichtet werde.

"Wir sind weder im Krieg, noch im Ausnahmezustand, diese Anordnung ist rechtswidrig", antworteten ihm die anwesenden Gewerkschafter, die rasch Verstärkung von Kollegen und solidarischen Einwohnern der umliegenden Dörfer erhielten. Um 9 Uhr gingen die Uniformierten in die Offensive. Beim Handgemenge wurden drei Mitglieder des Streikpostens leicht verletzt.

Gegen ihren Willen mussten einige der Total-Arbeiter zur Morgenschicht. "Das ist eine Schande, das ist Diktatur", schimpfte einer von ihnen. Von Zwangsmethoden wie unter dem Kollaborationsregime von Pétain (1940-1944) sprach außer sich der Sprecher der Gewerkschaft CGT, Charles Foulard. "Man droht hier den Arbeitern [bei Ungehorsam] mit Gefängnis, das ist ein Skandal, den wir nicht hinnehmen werden."

Trotz der Requisition der Raffinerie, die normalerweise die ganze Region um Paris mit Treibstoff versorgt, konnte die Produktion in Grandpuits gestern "aus technisch bedingten Sicherheitsgründen" nicht wiederaufgenommen werden.

Die von der Gendarmerie eskortierten Tanklaster mussten sich mit einem noch vorrätigen Lager von 20.000 Kubikmeter Treibstoff begnügen. Von einer Normalisierung ist Frankreich, nicht nur bei der Benzinversorgung, noch weit entfernt.

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