Waterboarding in Grossbritannien : Scotland Yard soll gefoltert haben

Polizisten sollen in London mutmaßliche Drogendealer gefoltert und Beweise gefälscht haben. Jetzt untersucht ein Ausschuss der Polizei die Vorwürfe.

In der Defensive: Scotland Yard. Bild: dpa

DUBLIN taz | Scotland Yard soll mutmaßliche Drogendealer gefoltert haben, damit sie ihre Drogenverstecke verraten. Der unabhängige Beschwerdeausschuss der Polizei untersucht zurzeit Vorwürfe, die ein Polizist in Zusammenhang mit zwei Drogenrazzien im vorigen November in Enfield und Tottenham im Norden Londons erhoben hat. Sechs seiner Kollegen sind vom Dienst suspendiert worden, mehrere andere dürfen nur eingeschränkten Dienst versehen.

Die Beamten haben bei den Razzien vier Männer und eine Frau festgenommen, weil sie "eine beträchtliche Menge Cannabis" bei ihnen gefunden hatten. Die Polizisten sollen die Köpfe der Verhafteten in Wassereimer getaucht haben, um Aussagen zu erzwingen. In einem Dokument des Beschwerdeausschusses ist von "Waterboarding" die Rede, dem von der CIA angewandten simulierten Ertränken, das vom US-Präsidenten Barack Obama inzwischen als Folter verboten wurde. Außerdem sollen die Polizisten Beweise gefälscht und die Verhafteten bestohlen haben.

Der Prozess gegen die mutmaßlichen Dealer wurde im April eingestellt, weil er "die Untersuchung gegen die Polizisten kompromittiert" hätte, so die Staatsanwaltschaft. Die Antikorruptionseinheit von Scotland Yard hat offenbar Mikrofone und Kameras in dem Polizeirevier in Enfield versteckt, um Beweise gegen die Beamten zu sammeln.

Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, müssten die Polizisten mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen, sagte ein Sprecher von Scotland Yard. Der Polizeichef von Enfield ist vor kurzem versetzt worden. Wegen des schwebenden Verfahrens gegen die Polizisten verweigerte Scotland Yard allerdings die Auskunft, ob die Versetzung etwas mit den Foltervorwürfen zu tun hat.

Die Polizei steht seit einigen Wochen ohnehin im Kreuzfeuer der Kritik, weil ein Passant bei den Demonstrationen gegen den G-20-Gipfel im Frühjahr an inneren Blutungen gestorben ist, nachdem er von der Polizei misshandelt wurde. Auch bei der britischen Antiterrorstrategie läuft es nicht nach Plan. Nachdem das Oberste Gericht vor vier Jahren die Internierung von Verdächtigen ohne Anklage als Verstoß gegen die Menschenrechte verboten hat, entschied er gestern, dass auch die stattdessen eingeführten "Control Orders" - Hausarrest, Kontaktbeschränkungen und Internetverbot - nicht rechtmäßig seien und verwies die Fälle zurück an den Hohen Gerichtshof.

Drei der 17 Betroffenen hatten geklagt, weil die angeblichen Beweise gegen sie geheimgehalten und sie nicht informiert wurden, was ihnen vorgeworfen wird. Die Regierung muss entscheiden, ob sie das von den Geheimdiensten zusammengetragene Beweismaterial vor dem Hohen Gerichtshof zugänglich macht oder die "Control Orders" abschafft.

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