Lazio-Rom-Fan von Polizist erschossen: Hooligans greifen Polizeistationen an

Während Rangeleien auf einer Raststätte erschießt ein Polizist einen Lazio-Fan. Darauf demonstrieren und randalieren Fans überall in Italien. Mehrere Spiele mussten abgesagt oder abgebrochen werden.

"Mörder, Mörder": Fußballfans protestieren vor italienischem Fernsehsender Bild: ap

ROM dpa Nach dem gewaltsamen Tod eines Fußballfans ist es am Sonntag in Italien zu schweren Ausschreitungen gekommen. Wie italienische Nachrichtenagenturen berichten, griffen am Abend in Rom hunderte Hooligans zwei Polizeistationen und das Büro des Italienischen Nationalen Olympischen Komitees (CONI) in der Nähe des Olympiastadions an. Mehrer Fahrzeuge, darunter ein Bus, wurden in Brand gesteckt. Zuvor hatten sich bereits mehrere hundert Fans Straßenschlachten mit Sicherheitskräften rund um das Stadion geliefert. Zuvor war dort die Partie AS Rom gegen US Cagliari abgesagt worden war. Mindestens zehn Polizisten wurden verletzt. Auch in anderen italienischen Städten kam es zu Ausschreitungen.

Anlass der Ausschreitungen ist der Tod eines Fans. Italienischen Medien zufolge war es auf dem Autobahnrastplatz von Badia al Pino zu einer kleineren Rangelei zwischen den Lazio-Anhängern und Fans von Juventus Turin gekommen, die auf dem Weg zum "Juve"-Auswärtsspiel beim AC Parma waren. Eine Polizeistreife griff ein, dabei fielen zwei Schüsse. Scharfmacher unter den Fans sprachen von mindestens einem gezielten Schuss. In Folge ist nun die Polizei selbst Angriffsziel diverser Hooligans. "Mörder, Mörder", skandierten am Sonntag aufgebrachte Fans in und vor einigen Stadien Italiens.

Der italienische Fußballverband sagte das Spitzenspiel von Meister Inter gegen Lazio ab. Die Partie zwischen Atalanta Bergamo und dem AC Mailand musste nach nur sieben Minuten wegen Fan-Randale genauso abgebrochen werden wie die Drittligapartie in Taranto. Die übrigen Nachittagsspiele wurden mit zehnminütiger Verspätung angepfiffen, Spieler und Schiedsrichter liefen mit Trauerflor auf. Aus Angst vor weiterer Randale sagte Roms Polizeichef die für den Abend vorgesehene Partie AS Rom gegen US Cagliari ab.

"Es war ein tragischer Fehler", sagte der Polizeichef von Arezzo, Vincenzo Giacobbe, der La Gazzetta dello Sport. Ministerpräsident Romano Prodi äußerte sich "höchst besorgt" über die tragischen Ereignisse, Oppositionsführer Silvio Berlusconi sprach von einem "schrecklichen Tag".

Der 26-jährige Römer ist bereits der zweite Tote, den der italienischen Fußball in diesem Jahr zu beklagen hat. Bei schweren Fan-Ausschreitungen war am 2. Februar ein Polizist in Catania von Randalierern erschlagen worden. Daraufhin hatte die Regierung die Gesetze gegen Gewalt rund um den Fußball drastisch verschärft, das Problem jedoch nicht in den Griff bekommen. Justizminister Clemente Mastella forderte deshalb am Sonntag "noch härtere Maßnahmen" gegen gewaltbereite Fußballfans, Innenminister Giuliano Amato versprach eine "schnelle Aufklärung des tragischen Fehlers".

Die Nachricht vom Tod des Lazio-Fans hatte sich am Sonntag wie ein Lauffeuer unter den Tifosi aller Clubs verbreitet. Während die Ermittlungen auf dem teilweise abgesperrten Rastplatz noch andauerten und der Polizeichef die Verantwortung seines Beamten noch gar nicht eingestanden hatte, war der Fall für die Lazio-Fans schon klar: "Die Polizei hat ihn getötet." Nachdem sich die aufgebrachten Inter-Fans mit den Lazio-Anhängern verbrüderten, drohte die Lage in Mailand zu eskalieren. Rund 400 Tifosi zogen durch die Straßen und bewarfen eine Polizeidienststelle mit Steinen.

Auch in Bergamo war es schon vor der später abgebrochenen Partie zu Angriffen auf die Polizei gekommen. Zwei Beamte wurden verletzt, die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Auch auf den Internetseiten der Fan-Clubs entlud sich die Wut in Hass-Tiraden gegen die Polizei.

"Für den Polizisten habt ihr die Liga gestoppt, aber ein Fan ist euch nichts wert", riefen die aufgebrachten Fans in Mailand und forderten die Absage aller Partien des 12. Spieltags. Eine Forderung, die auch zahlreiche Politiker in Rom vertraten. "Es ist unverständlich, dass der Fußball weiter rollt", klagte Grünen-Fraktionschef Angelo Bonelli. "Es war richtig, die übrigen Partien anzupfeifen", verteidigte dagegen FIFC-Präsident Giancarlo Abete die höchst umstrittene Entscheidung. Die Polizeigewerkschaft forderte am Sonntag bis auf weiteres "den Stopp aller Spiele". In Rom zogen einige hundert Lazio-Fans in Erinnerung an den Toten bei einem Fackelzug durch die Stadt.

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