Russisches Schiffsunglück: Umwelt in Seenot

Der schwerste Sturm seit 30 Jahren wütet über dem Schwarzen Meer. Viele Schiffe sind havariert, darunter Öltanker und Schwefelfrachter.

2.000 Tonnen Öl floß aus einem havarierten Heizöltanker ins Schwarze Meer. Bild: dpa

Seit dem Wochenende wird Russlands Südküste von schweren Unwettern heimgesucht. Bei dem stärksten Sturm seit dreißig Jahren sind bereits vier Schiffe gesunken, sechs weitere liefen auf Grund. Drei ertrunkene Seeleute wurden gestern von der Seenotrettung tot geborgen. Mindestens 20 Seeleute werden noch vermisst. Schwere Stürme, die nach Angaben von Meteorologen noch zwei bis drei Tage anhalten können, behindern die Rettungsarbeiten. Insgesamt sollen mehr als 50 Schiffe in der Region in Seenot geraten sein, von denen die meisten weder solchen Wetterbedingungen gewachsen noch hochseetauglich sein sollen.

Bereits am Sonntag war in der Straße von Kertsch, die das Asowsche mit dem Schwarzen Meer verbindet, der russische Tanker "Wolga-Neft" in Seenot geraten. Der Tanker hatte 4.800 Tonnen Heizöl geladen, von denen mindestens 2.000 ausgelaufen sein sollen, nachdem das Schiff von meterhohen Wellen in zwei Teile zerschlagen worden war. Für die Frachter "Wolnogorsk" und "Kowel" kam auch jede Hilfe zu spät. Sie waren in der engen Straße von Kertsch, die die ukrainische Halbinsel Krim vom russischen Festland trennt, südlich des Hafens von Kawkas kollidiert und wenig später mit zusammen mindestens 6.500 Tonnen Schwefel an Bord gesunken.

Laut Greenpeace Russland handelt es sich zumindest um "eine lokale ökologische Katastrophe". Das russische Staatsfernsehen dagegen spielte die Gefahr für die Umwelt herunter, das Ausmaß einer Katastrophe sei nicht erreicht. Vertreter der Umweltorganisation Ekosaschtschita glauben, dass mindestens 4.000 Tonnen Heizöl ausgelaufen sein müssen.

"Die Folgen können Monate, Jahre, aber auch Jahrzehnte nachwirken", meinte Wladimir Tschuprow von Greenpeace Russland gegenüber gaseta.ru. Die Rettungsmannschaften täten zwar alles, was in ihren Kräften stehe. Die absorbierenden Stoffe, die gegen das Öl eingesetzt werden, sind aber erst bei einer Wassertemperatur von mindestens 10 Grad voll wirksam. Zurzeit beträgt die Temperatur des Schwarzen Meeres aber nur 7 Grad. Das führt auch dazu, dass das Öl nicht wie gewöhnlich an der Oberfläche schwimmt, sondern schnell sinkt. Oleg Mitwol von der russischen Umweltbehörde hält den Vorfall denn auch für ein "ernstes ökologisches Problem", dessen Folgen "nicht im Laufe eines Monats beseitigt sein werden". Die russische Umweltorganisation Grünes Kreuz geht überdies davon aus, dass das versunkene Schwefel für das Ökosystem noch verheerendere Auswirkungen haben könnte als das ausgelaufene Öl.

Und wen trifft die Schuld? Der Leiter des russischen Seenotrettungsdienstes, Anatoli Jantschuk, sagte gegenüber dem Radiosender Echo Moskwy, die Katastrophe sei auf den schlechten Zustand der Schiffe und auf Fehlverhalten der Besatzungen zurückzuführen. Die Staatsanwaltschaft teilte umgehend mit, dass der havarierte Öltanker "Wolga-Neft" auch nicht sturmsicher gewesen sei. Nach der Sturmwarnung am Sonnabend hätte der Kapitän nicht auslaufen dürfen. Die Hinweise des Seewetterdienstes sollen nach Angaben von Betroffenen aber erst sehr spät verbreitet worden sein, sodass viele Schiffe keine Zeit mehr hatten, sich rechtzeitig im Asowschen Meer in Sicherheit zu bringen. Der Katastrophenschutz weist diese Vorwürfe mit dem Hinweis zurück, dass 30 Frachter auf die Sturmmeldungen reagiert hätten. Allerdings erklärt dies nicht, warum mehr als 50 Schiffe die Warnungen dann einfach in den Wind geschlagen haben sollen.

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