Krise in Russland: Unzufriedene gehen auf die Straße

In Russland protestierten die unterschiedlichsten politischen Gruppen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung von Putin und Medwedjew. Aber auch deren Anhänger marschierten auf.

Ein Anhänger der nationalbolschewistischen Ultralinken wird in Moskau von der Polizei am Skandieren von Protestparolen gehindert. Bild: dpa

BERLIN taz In Dutzenden russischer Städten sind am Wochenende mehrere tausend Menschen gegen die Wirtschaftspolitik des Kreml auf die Straße gegangen. Alleine im fernöstlichen Wladiwostok forderten 2.000 Menschen die Rücknahme der erhöhten Importzölle für ausländische Wagen - und gleichzeitig den Rücktritt von Präsident Medwedjew und Ministerpräsident Putin. In der Hafenstadt stammen 90 Prozent der Pkws aus Japan oder Korea. Organisiert worden war die Kundgebung von dem Club der Autoliebhaber und der Kommunistischen Partei. Gleichzeitig demonstrierten bei einer anderen Kundgebung 3.000 Wladiwostoker für die Regierung Putin.

In Tjumen hatten die Sicherheitsbehörden bereits im Vorfeld bekannte Oppositionelle aus der anarchistischen, autonomen und antifaschistischen Szene für einige Tage vorübergehend festgenommen. In Jekaterinburg wurde der Journalist Juri Basok für mehrere Stunden festgesetzt und verhört. Kurz vor dem Protestwochenende hatten Arbeiter einer Rüstungsfabrik in der Nähe von Brjansk ihren zehntägigen Hungerstreik beendet, nachdem 12 von ihnen in ein Krankenhaus eingeliefert worden waren. Seit sieben Monaten warten die Arbeiter auf ihren Lohn.

Mit einem "Marsch der Einverstandenen" konterkarierten Murmansker Anarchisten die Demonstrationen von "Einiges Russland". "Wir sind mit allem einverstanden", "Wir geben dem Präsidenten unser letztes Hemd", war auf Plakaten zu lesen. Doch schon nach wenigen Minuten hatten Männer den Demonstranten die Transparente entrissen, die Anarchisten durch die Straßen von Murmansk gejagt.

In Moskau hatten Menschenrechtler, Liberale, die "Union der sowjetischen Offiziere", Autoliebhaber, Kommunisten, die liberaldemokratische Partei von Wladimir Schirinowski, Autonome, Anarchisten, die "National-Bolschewisten" und die "Bürgerfront" des ehemaligen Schachweltmeisters Garri Kasparow in über zwanzig getrennten Veranstaltungen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung protestiert. Gleichzeitig hatten sich auf Moskaus größter Demonstration 8.000 Teilnehmer für die Politik von Medwedjew und Putin ausgesprochen. 41 Personen wurden, so ein Pressesprecher der Miliz, festgenommen, unter ihnen auch der Chef der verbotenen "National-Bolschewistischen Partei", Eduard Limonow.

Die russische Regierung ist innenpolitisch in der Defensive. Sie hat die Herausforderung der Opposition angenommen und ebenfalls an diesem Wochenende Demonstrationen abhalten lassen. Noch sind die Kundgebungen für die Regierung größer als die Kundgebungen der Opposition. Doch eine Teilnahme an einer Pro-Regierungs-Kundgebung ist um ein Vielfaches einfacher: niemand muss eine Festnahme fürchten und die Teilnehmer wissen, dass die Kundgebung von der Miliz geschützt wird.

Für Mitte Februar sind die nächsten Aktionen der Opposition geplant. Nimmt die Unzufriedenheit mit den Folgen der Wirtschaftskrise weiter zu, könnte die Protestbewegung der Regierungskritiker bereits im Frühjahr weiter anwachsen.

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