Kadima-Partei sucht Olmert Nachfolge: Die Zivilistin gegen den Soldaten

Außenministerin Livni und Verkehrsminister Mofas konkurrieren um den Parteivorsitz. Sie will den Friedensprozeß vorantreiben, er den Iran angreifen. In Umfragen liegt Livni vorne.

Livni, links, Mofas, rechts. Bild: dpa

An Israels Regierungsspitze werden die Köpfe ausgetauscht. Den über seine Geldgier und mehrere Korruptionisaffären gestolperten Ehud Olmert wollen vier seiner Parteifreunde im Amt des Kadima-Chefs und später als Ministerpräsident ablösen, wobei nur zwei Chancen haben: Außenministerin Zippi Livni und Verkehrsminister Schaul Mofas. Beide geben sich siegessicher. "Ich werde 43,7 Prozent der Stimmen bekommen", stellte Mofas schon vor Öffnung der Urnen am Mittwoch fest. Die Umfragen hingegen versprechen Livni einen Vorsprung von 15 Prozent.

Die Wahlen der Kadima sind auch für Politik-scheue Medienkonsumenten unterhaltsam, denn es geht nicht nur um unterschiedliche Ideologien, sondern um den Kampf der Geschlechter und um den gesellschaftlichen Konflikt zwischen Ashkenasen (aus Europa und stammende Juden) und Orientalen.

Zum ersten Mal in der Geschichte des Staates Israel stehen sich eine Frau und ein Mann im Wettstreit um das höchste Regierungsamt gegenüber. Livni, blond und hellhäutig, gehörte als Tochter eines Kommandanten der radikal-zionistischen Bewegung Irgun nahezu automatisch zur Creme de la Creme des rechten Lagers. Mofas hingegen, der als Neunjähriger aus Teheran eingewanderte spätere Stabschef, hat sich seinen Weg nach oben selbst erarbeiten müssen. Sie, die Zivilistin, er, der Soldat.

Beide sind Abtrünnige des Likud, wobei Livnis Abgang überzeugender war, als sie ihrem Mentor, dem seit gut zweieinhalb Jahren im Koma verharrenden Expremierminister Ariel Scharon folgte, um den stufenweisen Abzug der israelischen Siedler und Soldaten aus dem Westjordanland voranzutreiben. Mofas hingegen hielt sich stets den Rückweg zum Likud offen. Israelische Analysten halten sogar eine Spaltung der Kadima für möglich, sollte Livni das Rennen für sich entscheiden.

Auf die Frage nach Livnis Regierungskoalition antwortete die Außenministerin einem Reporter von Yediot Achronot: "Natürlich auch Meretz", einer linksliberalen Partei. Mofas würde sich zuerst an den Likud wenden, was auch Livni grundsätzlich für sinnvoll hält. Nur, dass Likud-Chef Benjamin Netanjahu dabei nicht mitspielen würde. Der zieht baldige Neuwahlen vor. Dazu wird es nicht kommen, wenn Livni gewinnt. Sie könnte mit Rückendeckung der Meretz und den arabischen Parlamentariern eine Minderheitsregierung sicher durch das kommende Jahr führen und die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern fortsetzen, die sie seit gut einem Jahr selbst leitet.

Mofas seinerseits will nicht ausschließen, sich ins extrem-rechte Lager zu begeben und den radikal-nationalen Avigdor Lieberman erneut ins Kabinett zu laden, den früheren Minister für Strategische Planung. Lieberman würde ihm zweifellos den Rücken für einen Angriff gegen Iran freihalten, wie Mofas ihn schon vor Wochen in Aussicht gestellt hatte. Livni hingegen glaubt vorläufig daran, "dass die Sanktionen funktionieren können". Die öffentlichen Stellungnahmen ihres parteiinternen Gegners hält sie für kontraproduktiv, da sie "das Problem Iran zu einem israelischen Problem machen, während die Welt sich verabschiedet und uns damit alleine lässt".

Rund 74.000 Parteimitglieder sind aufgerufen, ihre Stimme für einen der vier Kandidaten abzugeben. Wobei Innenminister Meir Schitrit wie der Minister für Innere Sicherheit, Avi Dichter, weit abgeschlagen sind. Die landesweit aufgestellten Wahlurnen werden bis um 22.00 Uhr geöffnet bleiben. Sollte keiner der Kandidaten mindestens 40 Prozent erreichen, wäre ein zweiter Wahlgang nötig.

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