Hinrichtung im Iran: "Mutter, bitte rette mich!"

Eine Menschenrechtsorganisation berichtet über das letzte Telefonat der im Iran hingerichteten Delara Darabi mit ihren Eltern. Zur Tatzeit war sie erst 17 Jahre alt.

Gegen die Hinrichtung wurde weltweit protestiert. Bild: dpa

BERLIN taz | Am vergangenen Freitag wurde die 23-jährige Delara Darabi in der im Norden Irans am Kaspischen Meer gelegenen Stadt Rascht hingerichtet. Ein Provinzgericht hatte sie unter dem Vorwurf, eine Verwandte getötet zu haben, zum Tode verurteilt. Darabi war zur Tatzeit siebzehn Jahre alt.

Der Anwalt Mohammd Mostafai, der den Fall beobachtet hat, erklärte in einem Interview mit Radio Zamaneh, weder die Anwälte noch den Eltern von Darabi seien über den Zeitpunkt der Hinrichtung informiert worden. Vor einigen Wochen hatte der Justizchef, Aytollah Haschemi Schahrudi, das Gericht in Rascht um Aufschub der Vollstreckung des Urteils gebeten, um den Eltern von Darabi die Möglichkeit zu geben, die Hinterbliebenen des Opfers um ihre Zustimmung zum Verzicht auf die Hinrichtung zu bewegen. Gemäß der iranischen Gesetzgebung, die sich an islamische Rechtsauffassung orientiert, lieg bei Mordfällen die Entscheidung über die Vollstreckung der Todesstrafe bei den Hinterbliebenen des Opfers.

Darabi hatte bei ihrer Festnahme den Mord gestanden. Doch wie sie später im Prozess erklärte, habe sie das Geständnis abgelegt, um ihren Freund, den eigentlichen Täter, zu schützen. "Ich sei im Gegensatz zu ihm minderjährig und werde nicht zum Tod verurteilt, sagte mein Freund und überredete mich, die Verantwortung für die Tat zu übernehmen". Doch das Gericht ließ den Widerruf nicht gelten.

Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte Darabi noch am Morgen der Hinrichtung um sieben Uhr ihre Eltern angerufen und sie dringend um Hilfe gebeten. "Mutter, sie sind dabei, mich hinzurichten, bitte rettet mich", sagte sie. Und ihrem Vater sagte sie, die Eltern sollten sie sofort besuchen: "Um Gottes Willen, hilf mir, rette mich". Ein Justizbeamter nahm der Tochter den Hörer ab und erklärte: "Wir werden Ihre Tochter sanft hinrichten. Sie können nichts dagegen tun."

Darabis Anwalt, Abdolsamad Khorramschahi, ist von ihrer Unschuld überzeugt. In einem Interview mit der Tageszeitung Etemad sagte er, er habe bei der Durchsicht der Akten zahlreiche Fehler entdeckt. Zum Beispiel gehe aus einem medizinischen Gutachten hervor, dass der Mord mit der rechten Hand des Täters ausgeführt worden sei. "Frau Darabi ist aber Linkshändlerin. Sie kann unmöglich den Mord begangen haben."

Es sei höchst bedauerlich, dass die Hinterbliebenen des Opfers ihre Zustimmung zur Aussetzung der Todesstrafe nicht erteilt hätten, sagte Mostafai. Sie hätten zwei Bedingungen gestellt. Das Grab des Opfers sollte mit Blumen überhäuft und Darabis Anwalt entlassen werden. Beide Bedingungen seien erfüllt worden. Dennoch habe das Gericht nicht auf die Entscheidung gewartet und in Eile die Vollstreckung angeordnet. Sonst wäre Darabi noch am Leben.

Der Fall Darabi ist eines von zahlreichen Fällen, bei denen zur Tatzeit minderjährige Täter hingerichtet wurden. Oft werden die Täter Jahre lang in Haft gehalten, bis sie das achtzehnte Lebensjahr erreicht haben. Laut islamischer Gesetzgebung können Mädchen ab neun und Jungen ab 15 Jahren bestraft werden. Bei Todesurteilen wird das Urteil in der Regel nach dem 18. Lebensjahr vollstreckt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.