Proteste im Iran: Regimekritiker zusammengeschlagen

Die Opposition im Iran fand sich zum 2. Jahrestag der gefälschten Wahlen von 2009 zu einem Schweigemarsch ein. Ein Journalist ist in Haft gestorben.

Kennt bei Regimekritikern kein Pardon: Irans Präsident Mahmud Achmadinedschad. Bild: dapd/ap

BERLIN taz | Trotz eines massiven Aufgebots an Polizei- und Sicherheitskräften haben am Sonntag tausende Regimegegner auf Teherans Straßen protestiert. Sie waren dem Aufruf des "Koordinationskomitees der Grünen Bewegung" zur Teilnahme an einem Schweigemarsch zum zweiten Jahrestag der Wahlen im Iran gefolgt. In dem Aufruf wurden die Demonstranten gebeten, keine Transparente mitzuführen, keine Parolen zu rufen und alles zu unterlassen, was den Regimekräften als Vorwand zur Anwendung von Gewalt dienen könnte.

Das Volk habe bei den Wahlen vor zwei Jahren von seinem in der Verfassung verankertem Recht zur Selbstbestimmung und Meinungsäußerung Gebrauch gemacht, heißt es in dem Aufruf. "Wir forderten Reformen zur Einhaltung der Rechte und Gesetze, zum Schutz der Menschenrechte und Maßnahmen zur Demokratisierung der gesamten Staatsordnung." Das Regime habe auf diese Forderungen mit einer eklatanten Wahlfälschung, mit brutaler Gewalt, Gefängnis und Folter reagiert.

Das Komitee forderte die Regierung auf, das Recht der Demonstration und Versammlung zu akzeptieren und das, was sie von Regierungen anderer Länder wie die in Tunesien und Ägypten verlangt habe, im eigenen Land ebenfalls zu dulden.

Doch wie Augenzeugen berichteten, griffen Polizei und Sicherheitskräfte die schweigenden Demonstranten an. Angehörige der berüchtigten Basidsch-Milizen hätten mit Schlagstöcken bewaffnet wahllos auf jeden eingeschlagen, der sich auf der von der Grünen Bewegung festgelegten Route bewegte, hießt es in einem Bericht der oppositionellen Website Kalameh. Demnach wurden hunderte Demonstranten festgenommen.

In den vergangenen zwei Jahren wurden tausende Regimegegner festgenommen und zum Teil zu drastischen Gefängnisstrafen verurteilt. Das bislang letzte Opfer der brutalen Staatsgewalt ist der Journalist Resa Hodas Saber. Der 54-Jährige war am Freitag in Folge eines Hungerstreiks in Haft gestorben. Er war mit Herzproblemen infolge seiner Aktion aus dem berüchtigten Teheraner Evin-Gefängniss zu spät ins Krankenhaus gebracht worden und konnte daher nicht mehr gerettet werden.

Resa Hodas Saber gestorben

Saber hatte mit seinem Hungerstreik gegen den Tod von Haleh Sahabi protestiert. Sie war Anfang Juni bei der Beerdigung ihres Vaters, des bekannten Oppositionellen Esatollah Sahabi, ums Leben gekommen. Ein Onkel der 54-jährigen Frauenaktivistin sagte gegenüber Kalameh, sie sei "nach schweren Schlägen" gestorben. Ihrem Sohn Jahja Schanechi zufolge hatte sie sich dagegen gewehrt, dass Sicherheitskräfte den Trauerzug aufhielten und den Leichnam ihres Vater beschlagnahmten. Das Regime nannte "Herzversagen" als Todesursache.

Haleh Sahabi gehörte genauso wie ihr Vater der Gruppe der "National-Religiösen" an. Sie war im Zuge der Proteste nach den Präsidentenwahlen vom 2009 zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, hatte aber zur Teilnahme am Trauerzug Hafturlaub erhalten.

Ihr Vater, Ezatollah Sahabi, gehörte in den Jahren vor der islamischen Revolution von 1979 zu den bekanntesten Oppositionellen des Landes und hatte daher mehrere Jahre in Haft verbracht. Nach der Gründung der Islamischen Republik lhatte er zunächst hohe Ämter inne, trat aber bald in Opposition gegen die neue klerikale Diktatur und wurde mehrmals in Haft genommen, zuletzt nach seiner Teilnahme an der Iran-Konferenz in Berlin im Jahr 2000. Er wurde zu vier Jahren Haft verurteilt und im Gefängnis schwer misshandelt.

Die USA haben dem Iran am 3. Juni vorgeworfen, für den Tod von Haleh Sahabi verantwortlich zu sein. "Es ist unbegreiflich, dass eine Regierung sich so sehr vor ihren Bürgern fürchtet, dass sie Gewalt gegen eine Tochter anordnet, die bei der Beerdigung ihres Vaters trauert", sagte US-Außenamtssprecher Mark Toner. "Diese Regierung geht regelmäßig gegen ihre Bürger vor, nimmt sie unter fragwürdigen Vorwürfen fest, foltert sie, schottet sie vom Rest der Welt ab und verweigert ihnen ihre fundamentalen Menschenrechte."

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