Koalitionen in NRW: FDP streitet um die Ampel

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sucht Kontakt zu SPD und Grünen. In NRW dagegen konnten parteiinterne Machtkämpfe die Ampel verhindern.

Sylvia Löhrmann (Grüne) schüttelt Andreas Pinkwart (FDP) bei der konstituierenden Landtagssitzung die Hand. Bild: reuters

DÜSSELDORF taz | Angesichts katastrophaler Umfragewerte öffnet sich die FDP gegenüber SPD und Grünen. Die Liberalen müssten sich unabhängig vom Ausgang der laufenden Sondierungsgespräche über eine mögliche Ampel-Koalition in Nordrhein-Westfalen von ihrer Festlegung auf die Union als einzig denkbaren Partner befreien, findet FDP-Generalsekretär Christian Lindner: "Egal, wie es in NRW ausgeht: Danach muss es einen Gesprächsfaden zwischen FDP und SPD/Grünen geben", findet der aus Wuppertal stammende 31-Jährige, der mit der Schwächung seines Bundesparteichefs Guido Westerwelle zunehmend freier agiert.

Denn immer mehr Liberale machen Westerwelle für den beispiellosen Vertrauensverlust verantwortlich, mit dem die WählerInnen die Liberalen seit der Bundestagswahl abstrafen: Nach einer vom Stern in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage kommt die FDP bundesweit nur noch auf fünf Prozent – bei Wahlen droht der Gang in die außerparlamentarische Opposition. Die Grünen liegen dagegen bei 18, die Linke bei zwölf Prozent. Die SPD kommt auf 26, die CDU auf 32 Prozent.

In Nordrhein-Westfalen bemüht sich FDP-Landesparteichef Andreas Pinkwart deshalb um die Ampel. "Gut" sei die erste Sondierungsrunde verlaufen, sagte der noch amtierende Vize-Ministerpräsident der schwarz-gelben Regierung Rüttgers im Deutschlandfunk: "Sehr sachlich, ernsthaft, konzentriert" seinen die fast sechseinhalbstündigen Gespräche im Congress Center Düsseldorf gewesen.

Unsicher bleibt aber, ob es Pinkwart gelingt, die FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag mit auf die Reise zu Rot-Grün zu nehmen: Der Forschungsminister gehörte dem Landtag bisher nicht an – doch gerade unter den Liberalen ist die Verbitterung gerade über die Grünen groß: Noch vor wenigen Wochen verortete deren Parlamentarier Horst Becker die FDP am "extrremen markradikalen Rand", verglich die Liberalen mit der Linkspartei.

Entsprechend gespalten soll sich die FDP auch bei der ersten Sondierungsrunde präsentiert haben: Während Pinkwart besonders in der Bildungspolitik immer wieder versucht habe, Brücken zu bauen, hätten Landtagsfraktionschef Gerhard Papke und sein parlamentarischer Geschäftsführer Ralf Witzel lieber mit dem Kopf geschüttelt – so etwa bei der Frage der Einbeziehung der Gymnasien in das von SPD und Grünen geforderte längere gemeinsame Lernen. Wenig Konsens habe es auch in den Bereichen Arbeit und Soziales gegeben: Für den von der SPD geforderten Mindestlohn etwa sähen die Liberalen "keine Notwendigkeit".

Teilnehmer sprechen daher von einem "parteiinternen Machtkampf" innerhalb der nordrhein-westfälischen FDP, der durch ein "Stillhalteabkommen" offenbar nur mühsam überdeckt werde. Pinkwart dagegen habe sich sogar bei der Diskussion über die von ihm selbst eingeführten Studiengebühren flexibel gezeigt. Noch sei es deshalb zu früh, die Gespräche abschließend zu bewerten – die Bereiche Energie, Verkehr, Ökologie sollen erst heute sondiert werden.

Offiziell werben die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen, Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann, deshalb weiter für die Ampel – schließlich könnten sie in keiner anderen Koalition größeren Einfluss gewinnen: "Schon gelohnt" habe sich die Sondierung, findet die Sozialdemokratin, und die Grüne lobt die "faire und heitere Stimmung".

Doch schon heute denken gerade die Sozialdemokraten über Alternativen nach. Sollte sich Papke mit dem Rest seiner FDP-Fraktion gegen Pinkwart durchsetzen, seien noch immer formelle Koalitionsverhandlungen mit der CDU möglich. "Und die müssen auch nicht unbedingt erfolgreich sein", sagt ein Genosse.

Denn jenseits von FDP und CDU könnte sich Kraft immer noch an die Spitze einer Minderheitsregierung setzen. Die Linke im Düsseldorfer Landtag jedenfalls hat schon angekündigt, Kraft wählen zu wollen.

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