Neue Details der Spitzelaffäre: Auch Bsirske von Telekom überwacht

Laut Staatsanwaltschaft gibt es mindestens 55 Betroffene, darunter offenbar auch Verdi-Chef Bsirske und Telekom-Vorstand Klinkhammer. Grüne fordern Konsequenzen, eine Entschuldigung reiche nicht mehr.

Auch im rosa Visier: Verdi-Chef Bsirske. Bild: dpa

BERLIN/BONN ap Die Telekom-Spitzelaffäre nimmt immer größere Dimensionen an. Nach Angaben der Bonner Staatsanwaltschaft sind mindestens 55 Personen betroffen, darunter Aufsichtsräte von Telekom und T-Mobile, ein Telekom-Vorstandsmitglied, Angehörige des Betriebsrats und weitere Mitarbeiter der Telekom sowie sieben Journalisten und "dem Konzernbereich nicht zuzuordnende Dritte". Dabei handelt es sich nach Gewerkschaftsangaben um Verdi-Chef Frank Bsirske und Bundesvorstand Rolf Büttner.

Grünen-Politiker fordern nun Konsequenzen von Konzernchef René Obermann und seinen Vorstandskollegen. "Die kriminellen Spitzeleien bei der Telekom sind ein echter Skandal. Bei dem inzwischen erreichten Ausmaß der Affäre ist es für den Vorstand nicht länger mit Entschuldigungen getan", sagte der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Fritz Kuhn der Passauer Neuen Presse.

Auch Grünen-Innenexperte Hans-Christian Ströbele kritisierte: "Die Aufklärung läuft viel zu schleppend". Er forderte eine Erklärung des Telekom-Vorstands: "Herr Obermann ist dafür verantwortlich, dass die Fakten nur scheibchenweise auf den Tisch kommen. Entweder verheimlicht er seine Erkenntnisse, oder er ist nicht in der Lage, die Aufklärung entschieden voran zu bringen. Ich habe Zweifel, ob er der Situation gewachsen ist."

Verdi-Sprecher Jan Jurczyk sagte am Donnerstag in Berlin: "Das ist aus unserer Sicht ein schwerwiegendes Delikt." Es handele sich um einen "Angriff auf die Mitbestimmung". Bsirskes Name sei offensichtlich auf den von der Staatsanwaltschaft bei der Telekom gefundenen Listen aufgetaucht. Büttner sei am Mittwoch von Telekom-Chef René Obermann telefonisch informiert worden.

Ursprünglich hatte es geheißen, mit den Bespitzelungen sollte eine undichte Stelle bei dem Unternehmen gefunden werden, über die sensible Informationen an die Medien sickerten.

Vorläufige Zahl

Der Bonner Oberstaatsanwalt Friedrich Apostel betonte, bei den 55 Betroffenen handele sich um eine vorläufige Zahl, die sich mit Sicherheit noch erhöhen werde. Man habe die Personen angeschrieben und ihnen Gelegenheit gegeben, Strafantrag zu stellen. Ein Telekom-Sprecher kündigte an, das Unternehmen werde sich bei ihnen entschuldige.

Bei dem bespitzelten Telekom-Vorstand handelt es sich nach Informationen des Spiegels um den früheren Personalchef Heinz Klinkhammer. Er war in seiner Zeit als Personalvorstand von 1996 bis 2006 auch für die Konzernsicherheit verantwortlich.

Spiegel online zitierte Klinkhammer mit den Worten: "So etwas hätte ich bis vor kurzem für unmöglich gehalten." Zuletzt hatte er den ehemaligen Konzernchef Kai-Uwe Ricke in der Abhöraffäre massiv angegriffen und für den Skandal mitverantwortlich gemacht.

Ex-Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hatte zugegeben, den Auftrag zur Suche nach der Quelle von Indiskretionen gegeben zu haben. Klinkhammer hatte dem Handelsblatt gesagt, der Auftrag sei an ihm vorbei erteilt worden. Intern war aufgedeckt worden war, dass 2005 und 2006 unter anderem Journalisten und Aufsichtsräte von der Konzernsicherheit bespitzelt wurden.

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