Amazon-Wunschzettel sichtbar: Da bleiben alle Wünsche offen

Der Bücherversand Amazon lässt Kundendaten für alle sichtbar im Netz liegen - das ruft Datenschützer auf den Plan.

Der Wunschzettel ist zunächst eine Vorschlagliste, bis die persönlichen Wünsche hinzukommen - die dann jeder sehen kann. Bild: screenshot amazon wunschzettel

BERLIN taz Ob Hochzeit, Jubiläum oder einfach nur so: Beim Versandhandel Amazon kann sich jeder einen Wunschzettel anlegen. Bücher, CDs, DVDs und Elektronik stehen zum Beispiel darauf. Mit ein paar Klicks und näheren Angaben zum Person - wie Namenstag, Ort oder Hobbys - steht die Wunschliste im Netz. Manche Kunden geben sogar die Geburtstage ihrer Kinder an, damit die Kleinen ihr Geschenk rechtzeitig geliefert bekommen.

Der Kunde kann dabei selbst entscheiden, ob diese Liste nur ihm selbst, für eingeladene Leute oder für jeden einsichtbar ist. Doch wenn der Kunde bestimmt, seine Liste öffentlich zu machen, heißt es auch, dass sie über Suchmaschinen und somit für jeden zu finden ist. Seit Herbst 2000 brüstet sich das Versandhaus aus den USA auch in Deutschland damit, dass Freunde und Verwandte so das perfekte Geschenk finden. Doch auch für Leute, die es nicht "gut mit einem meinen" (Amazon), sind die Daten einsehbar. Diese Erfahrung machte auch Frank L.

Vor fünf Jahren legte seine Tochter für ihn einen Wunschzettel bei Amazon an. Seitdem kann jeder lesen, was Frank L. sich jemals gewünscht oder gekauft hat. Dabei muss man kein registrierter Amazon-User sein. Man braucht dazu nicht einmal die Amazon-Homepage zu besuchen. Es reicht aus, einen Namen zu googeln. Frank L. unbekannte Menschen erhielten so über Jahre Einsicht in seine persönlichen Vorlieben. Das irritierte auch den Datenschutz.

Nach Angaben der zuständigen Aufsichtsbehörde lagen einige Beschwerden über das Versandhaus mit deutschem Sitz in München vor. Auf Druck der Datenschützer änderte Amazon die Einstellung des Wunschzettels. Seit März bekommt jeder Kunde seine Daten in der Voreinstellung "nur mir selbst" angezeigt. Zuvor galt die Standardeinstellung "für alle sichtbar". Altkunden, die sich vor März 2008 registriert haben, wurden darüber jedoch nicht informiert.

Die Wunschlisten der meisten Amazon-User sind somit weiterhin öffentlich. "Die Nutzer haben in der Mehrzahl die Möglichkeit gewählt, den Wunschzettel zu veröffentlichen", teilt eine Unternehmenssprecherin mit. Darum will sich nun der Datenschutz gezielt kümmern. "Wir werden dem Versandhaus ans Herz legen, alle Kunden per Newsletter über die Änderung zu informieren", sagt Manfred Ilgenfritz von der Bayerischen Aufsichtsbehörde. Außerdem will die Behörde die alte Version des Wunschzettels mit der früheren Voreinstellung gänzlich gelöscht sehen. Denn es kursieren immer noch beide Versionen auf den Amazon-Seiten.

Frank L. wurde erst durch den Hinweis eines Freundes bewusst, wie zugänglich seine persönliche Daten waren: "Die ganze Tragweite habe ich erst vor einer Woche begriffen", sagt Frank L. Er wollte seine Daten nun sofort löschen. Der digitale Wunschzettel enthält zwar einen Button, mit dem er sich löschen lässt. Doch Frank L. musste sich erst mehrere Male mit dem Service des Versandhauses in Verbindung setzen, hatte er doch den Wunschzettel unter einer inzwischen veralteten E-Mail-Adresse angelegt. Erst jetzt gelang es ihm, den verwünschten Zettel endgültig zu löschen. „Das ging nur übers Internet und hätte den Otto-Normal-Verbraucher sicherlich überfordert“, sagt er. Nun ist sein Profil endgültig gelöscht und seine Wünsche wieder offen.

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