Brüssel sammelt sensible Daten: EU-Bürger schutzlos

Seit Jahren sammelt die EU eifrig Privatdaten. Das Ziel: mehr Sicherheit. Doch der Schutz sensibler Infos ist noch immer nicht geregelt. Jetzt soll die Debatte neu belebt werden.

Sicherheitsbehörden dürfen Personendaten austauschen, hier die Videoüberwachungszentrale der Londoner Polizei. Bild: dpa

BERLIN taz Immer mehr Informationen, immer größere Datenbanken - der wachsende Zugriff auf private Daten, wie jetzt in Schweden, ist keinesfalls ein Faible einzelner Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Brüssel selbst ist seit Jahren fleißig dabei, sensible Daten zu sammeln und mitunter zentral zu speichern.

Begründet werden die Maßnahmen meist mit einer besseren Vernetzung der einzelnen Sicherheitsbehörden sowie Prävention und schnellerer Aufklärung von Straftaten, Terrorakten und illegaler Migration. Völlig unklar ist allerdings noch immer, wie der Schutz dieser sensiblen Daten geregelt werden soll. Ein entsprechender EU-Rahmenbeschluss wird zwar schon lange diskutiert, ist aber noch immer nicht besiegelt.

"Es ist höchste Zeit", sagt der CSU-Europaabgeordnete und Rechtsexperte Manfred Weber. Eines seiner Beispiele, weshalb der Rahmenbeschluss so schnell wie möglich umgesetzt werden müsse: der Vertrag von Prüm. Der erlaubt seit Mai 2005 einzelnen Sicherheitsbehörden, blitzschnell Personendaten untereinander auszutauschen, wie etwa Lichtbilder, DNA- und Fahrzeugregisterdaten. Das soll bald auch in der Neuauflage des Schengener-Informations-Systems möglich sein, kurz SIS. Das Fahndungssystem der Schengen-Länder Deutschland, Frankreich, Italien und der Benelux-Staaten erlaubt den Mitgliedern schon jetzt, ihre polizeilichen Suchmeldungen in Sekundenschnelle allen einsehbar zu machen. "Ich halte den Austausch vor allem in der Terrorbekämpfung für dringend notwendig", sagt Weber. "Aber angesichts solcher Datenmengen brauchen wir unbedingt einen rechtlichen Rahmen."

Seit 2003 gibt es zwar bereits einen EU-Datenschutzbeauftragten. Und in zwei Säulen der Europäischen Union, den Bereichen von Wirtschaft und Außenpolitik, finden sich entsprechende Richtlinien. Wirklich sensibel ist der Umgang mit Informationen aber eben vor allem in der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit, der dritten Säule - und dort sind die Bürger der EU quasi schutzlos. "Dort gibt es überhaupt keine übergreifende Datenschutzregelung", beklagt der FDP-Europaabgeordnete Alexander Alvaro. "Dem Wildwuchs der Datenbanken muss Einhalt geboten werden, damit der Bürger richtig geschützt wird."

Neuen Schwung in die Debatte will offenbar der neue EU-Justizkommissar, Jacques Barrot, bringen. In seiner Antrittsrede am Montag kündigte er an, sich für mehr Datenschutz stark zu machen: "Die derzeitige Lage muss verbessert werden." Die Europapolitiker Weber und Alvaro aber glauben, dafür könne es schon zu spät sein. "Das, was jetzt dem Rat vorliegt, ist eine stark verwässerte Version der ursprünglichen Idee", sagt Weber. "Ein netter Versuch", sagt Alvaro. "Mehr nicht."

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