Netzaktivist über Telekom-Paket: "Gegen ein chinesisches Internet"

Der Bürgerrechtler Ricardo Cristof Remmert-Fontes lobt das Europaparlament. Die Abgeordneten haben am Mittwoch Schritte in Richtung eines überwachten Internets abgelehnt.

Die Privatsphäre der Internetuser ist gerettet - vorerst. Bild: ap

taz: Herr Remmert-Fontes, Netzaktivisten machen schon seit Monaten gegen das sogenannte Telekom-Paket mobil. Hat sich der Einsatz gelohnt?

Das sogenannte Telekom-Paket der EU-Kommission ist ein Bündel von mehreren Richtlinien, die den EU-Telekom-Markt neu regeln sollen. Die neuen Regelungen sollen ab 2010 gelten. Beschlossen wird das Paket im Europaparlament und im Ministerrat der Regierungen. Einige konservative Europaabgeordnete versuchten, mit Änderungsanträgen eine bessere Überwachung des Internets einzufordern. Dies wurde nun vom Europaparlament abgelehnt.

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RICARDO CRISTOF REMMERT-FONTES, 31, ist Aktivist des Fördervereins für freie informationelle Infrastruktur.

Ricardo Cristof Remmert-Fontes: Auf jeden Fall. Es ist uns gelungen, Widerstand gegen den Versuch zu organisieren, ein völlig überwachtes Internet einzuführen.

Was meinen Sie mit "Überwachung des Internets" konkret?

Einige konservative Europa-Abgeordnete wollten Urheberrechtsverstöße im Internet, also das sogenannte File Sharing von Musik- und Filmdateien, im Ansatz unterbinden. Nach dem Prinzip "Three Strikes and youre out" schlugen sie vor, dass erwischte Filesharer zwei Mal verwarnt werden und ihnen beim dritten Mal der weitere Zugang zum Internet blockiert wird.

Was spricht dagegen? Illegale Downloads sind nun mal illegal.

Wir stellen bereits den Sinn von Regeln in Frage, die Jugendliche ohne Unrechtsbewusstsein kriminalisieren und nur den Profit der Unterhaltungsindustrie sichern - ohne dass bei den Künstlern viel ankommt. Gegen eine Three-Strikes-Regelung spricht aber auch, dass sie eine flächendeckende Filterung der Datenströme im Internet voraussetzt. So würde bei uns eine Art chinesisches Internet geschaffen. Das wäre so, wie wenn die Post verpflichtet wäre, jeden Brief zu öffnen, um zu kontrollieren, ob er illegal gebrannte Musik-CDs enthält.

Sind diese Vorschläge nun vom Tisch?

Das Europäische Parlament hat schon im April alle Vorschläge abgelehnt, die die EU-Staaten verpflichten, eine präventive Filterung von Datenströmen und Three-Strikes-Regelungen einzuführen. Gestern wurden nun sogar Vorschläge abgelehnt, die solche Überwachungsfantasien zwischen den Zeilen ermuntern. Dagegen wurde ein von uns initiierter Änderungsantrag der Grünen und Linken weitgehend angenommen. Er verlangt für Eingriffe in die Rechte der Internetnutzer grundsätzlich einen richterlichen Beschluss.

In Frankreich gibt es seit dem Sommer bereits eine Three-Strikes-Regelung. Verstößt diese bald gegen europäisches Recht?

Wenn sich das Europaparlament durchsetzt, müsste das französische Gesetz zumindest so geändert werden, dass ein Richter den Internet-Bann gegen einen Downloader ausspricht.

Wie sind die Erfahrungen in Frankreich? Wird dort das Internet schon flächendeckend gefiltert?

Nein, so weit ist die Technik noch nicht. Aber die gesetzlichen Grundlagen sind da.

Wenn von illegalen Inhalten die Rede ist, geht es immer nur um Urheberrechtsverletzungen. Was ist mit Kinderpornografie und Volksverhetzung?

Den Abgeordneten war auch klar, dass die präventive Kontrolle auf verbotene Textinhalte schon aus technischen Gründen noch lange nicht zu erwarten ist. Illegale Downloads können dagegen wegen ihrer Größe leichter erkannt werden.

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