Datenbank "Elena": Mega-Speicherung macht Union Angst

Bisher ärgerte "Elena" vor allem Datenschützer und Opposition. Nun fordert auch der Innen-Experte der Union, die Datensammelei "grundsätzlich auf den Prüfstand" zu stellen.

Elena soll eigentlich Bürokratie verringern und lästigen Papierkram abschaffen. Bild: dpa

BERLIN dpa/afp/taz | Datenschützer und Opposition kritisieren die zentrale Speicherung von Arbeitnehmerdaten (Elena) schon lange, doch jetzt werden auch in der Union kritische Stimmen laut. "Mit dem elektronischen Entgeltnachweis entsteht eine Art Vorratsdatenspeicherung, die von vielen zu Recht skeptisch gesehen wird", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU) der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Er halte es nicht für angemessen, derart viele sensible Daten über Beschäftigte zentral zu sammeln, nur um ein nachrangiges Interesse der Wirtschaft an weniger Bürokratie zu bedienen, betonte Uhl. Es bestehe ein entscheidender Unterschied zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten, die "dem wichtigen Zweck dient, schwerste Kriminalität zu bekämpfen".

Erst am Mittwoch hatte ein Verbund von Datenschutz-Organisationen Verfassungsbeschwerde gegen die Speicherung eingereicht und Unterschriften von rund 22.000 Klägern dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe übergeben. Uhl forderte die Bundesregierung jetzt auf, Elena unter dem Aspekt des Datenschutzes "grundsätzlich auf den Prüfstand" zu stellen. Es gelte, die Speicherung von Daten auf das unbedingt erforderliche Maß zu reduzieren. Die Koalitionsspitzen haben vereinbart, den Umfang der Speicherung noch einmal zu prüfen.

Denn die Ansichten zu Elena sind in der Koalition sehr gemischt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist zuversichtlich, dass das zentrale Speichern von Beschäftigtendaten machbar ist. Sollte "Elena" verfassungswidrig sein, dann wären auch andere Bereiche der Datenerfassung in der Finanzverwaltung verfassungswidrig, die bislang unstreitig gewesen seien, argumentiert er.

Die FDP hat grundsätzliche Bedenken gegen das Projekt. Eine "Mega-Vorratsdatenbank wie Elena" sei zum Abbau von Bürokratie nicht erforderlich, sagte die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz. Sie forderte eine Abkehr von der zentralen Datenspeicherung. "Die zentrale Speicherung von Daten birgt massive Gefahren für Daten- und Persönlichkeitsschutz", sagt sie.

Der Unions-Innenexperte stellt sich mit seinen Forderungen in eine lange Reihe von Kritikern. Einer von ihnen ist der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar. Er erneuerte am Donnerstag seine Kritik. "Die Frage ist, ob ein solches Verfahren wirklich verhältnismäßig ist, ob sich die angestrebten Ziele nicht mit sehr viel weniger Daten erreichen lassen", sagte Schaar. Man habe 1:1 das, was auf dem Papier erhoben wird, auf dieses zentrale Verfahren übertragen. Er hätte sich gewünscht, dass bei jeder einzelnen Information überprüft worden wäre, ob sie notwendig ist. Dies werde jetzt erst nachgeholt.

"Elena" fasst die Daten von Arbeitnehmern und auch Beamten zusammen, die für einen Einkommensnachweis nötig sind. "Es wird ein Datensatz generiert und dann der abrufenden Stelle zur Verfügung gestellt", sagte Schaar. Wegen dieser Verfahrensweise ergebe sich die Frage, ob Elena eine verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung sei. Ein weiterer Mangel ist aus Sicht des Bundesbeauftragten, dass Arbeitgeber zwar beispielsweise sensible Daten wie den Entlassungsgrund eines Mitarbeiters in die Datenbank einspeisen, die Betroffenen diese aber nicht auf ihre Richtigkeit prüfen können. Eine solche Auskunftserteilung sei erst ab Januar 2012 geplant. "Das darf so nicht sein", sagte Schaar.

Sicherheitsbedenken bei "Elena" hat der Bundesbeauftragte grundsätzlich nicht. Alle Daten würden mit einer kryptographischen Verschlüsselung gespeichert, betonte Schaar. Außerdem könnten sie nicht von den Ämtern auf eigene Initiative abgerufen werden, sondern nur dann, wenn der Arbeitnehmer die Daten freischaltet. "Man hat das Menschenmögliche getan, um einen Missbrauch der Daten auszuschließen."

Den elektronischen Entgeltnachweis "Elena" hatte noch die rot-grüne Bundesregierung auf den Weg gebracht. Er soll Bürokratie verringern und lästigen Papierkram in der Arbeitswelt abschaffen. Rund 3,2 Millionen Arbeitgeber erstellen jährlich etwa 60 Millionen Bescheinigungen über Einkommen und Beschäftigung ihrer Mitarbeiter. Das System betrifft bis zu 40 Millionen Beschäftigte. Seit Jahresbeginn müssen die Arbeitgeber diese Daten monatlich an eine zentrale Speicherstelle bei der Deutschen Rentenversicherung senden. Von 2012 an können die Sozialbehörden dann auf Basis dieser Daten Leistungen auszahlen oder auch verweigern.

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