Bayerns Innenminister über BKA-Gesetz: "Wir wollen kein deutsches FBI"

Seit Mittwochabend tagen die deutschen Innenminister in Potsdam und wollen das BKA-Gesetz retten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hält die Kritik aus der SPD für wenig seriös.

Bleibt Fan des BKA-Gesetzes: Bayerns Innenminister Herrmann. Bild: ap

taz: Herr Herrmann, im Bundesrat wird es wohl keine Mehrheit für das BKA-Gesetz geben. Danach drohen zähe Verhandlungen. Warum halten Sie noch am Vorhaben fest?

Joachim Herrmann: Zusätzliche Befugnisse für das BKA sind dringend notwendig, damit wir den internationalen Terrorismus wirksam bekämpfen können.

Leben wir also gefährlicher, wenn das BKA diese Befugnisse nicht bekäme?

Natürlich würde die Bekämpfung des Terrorismus schwieriger werden. Die Chance, Terroristen rechtzeitig zu entdecken und Anschläge zu verhindern ist eindeutig größer, wenn das BKA auch entsprechend wirksam im Einsatz ist.

Einige ihrer Länderkollegen von der SPD bezeifeln die Rechtsstaatlichkeit einzelner Maßnahmen. Was werden Sie ihnen auf der Innenministerkonferenz sagen?

Wenn man sich – wie zum Beispiel Kurt Beck – über all die letzten Monate nicht zu Wort meldet und erst aufwacht, nachdem die Jusos diesen merkwürdigen Antrag in Sachsen durchgesetzt haben, ist das nicht besonders seriös. Wir durften an diesem Gesetz ja nun intensiv mitwirken. Und wir haben früh klar gemacht, dass wir kein deutsches FBI wollen. So wie das Gesetz jetzt konstruiert ist, ist das in Ordnung.

Bundesinnenminister Schäuble wirft den Kritikern eine "Diffamierungstour" vor. Ist das Pochen auf Rechtsstaatlichkeit diffamierend?

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit der Verfassung und hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Frühjahr voll berücksichtigt. Deshalb ist die Kritik nicht berechtigt. Es sind doch die Maßstäbe in der Bewertung verloren gegangen: Wenn der Bund sich in Liechtenstein gestohlene Computerdateien beschafft, um damit Steuerbetrüger vor Gericht zu bringen, dann findet das in der SPD jeder völlig in Ordnung. Aber wenn die Innenminister sich bemühen, mit richterlicher Anordnung in den Computer eines Terroristen hineinzuschauen, dann sieht man die Freiheitsrechte der Terroristen in Gefahr.

Besonders umstritten ist die Online-Durchsuchung. Können Sie eigentlich ein Beispiel dafür nennen, dass diese irgendwo schon einmal einen Terroranschlag verhindert hat?

Sie war ja bisher in Deutschland nicht erlaubt. Es geht doch bei der Online-Durchsuchung um ein Instrument, von dem vielleicht in einer Hand voll Fälle jährlich Gebrauch gemacht wird. Nicht massenhaft also, sondern bei extremen Ausnahmefällen.

Aber ein erfolgreiches Beispiel können Sie nicht nennen.

Das geht auch nicht, wenn die Online-Durchsuchung hier noch nicht angewandt wurde.

Hier nicht - in den USA und manchen EU-Staaten schon.

Über die Einsätze amerikanischer oder britischer Dienste bin werde ich nicht informiert. Ich bleibe dabei: Das Instrument ist richtig und wichtig. Es reagiert auf die Entwicklung der modernen Technik. Als es noch keine Telefone gab, haben wir auch nicht gefragt, aufgrund welchen Richterbeschlusses ein Telefon in extremen Ausnahmen abgehört werden kann. Das war die logische Folge der technischen Entwicklung. Heute benutzen Terroristen Computer für ihre Pläne. Da muss der Rechtsstaat reagieren.

Welche Punkte im BKA-Gesetz sind für Sie verhandelbar?

Ich habe überhaupt keinen Anlass, irgendeinen Teil des Gesetzes zur Disposition zu stellen. Jetzt müssten erstmal die Kritiker konkrete Punkte benennen, an denen sie Anstoß nehmen.

Die Eilfallregelung ist ja schon genannt worden, mit der BKA-Chef ohne Richterbeschluss eine Online-Durchsuchung beantragen kann.

Wenn sie thematisiert wird, muss sich die Bundesregierung damit befassen. Aber ich würde mich schon ziemlich wundern, wenn das derzeitige Spektakel nur wegen der Eilfallregelung stattfindet.

INTERVIEW: VEIT MEDICK

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