Wettskandal in Deutschland: Auftritt der Schulterklopfer

Vorbildlich und für Europa beispielhaft agierten der DFB und die deutschen Ermittlungsbehörden beim Thema Wettbetrug. Das findet zumindest Verbandspräsident Theo Zwanziger.

"Vorbildlich" agiere der DFB. Bild: dpa

BERLIN/FRANKFURT taz | Da sitzen sie nun am Tag vier, nachdem bekannt wurde, dass in Europa wegen 200 verschobener Fußballspiele ermittelt wird. Ein merkwürdiges Bild geben sie ab. Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, genauso wie der DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach.

Denn bedröppelt wirken sie keineswegs. Im Gegenteil. Sie nutzen die Pressekonferenz, zu der sie gestern nach Frankfurt geladen hatten, um sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Denn – man höre und staune – vorbildlich ist es, wie der DFB beim Thema Sportwetten und Manipulation agiert. "Das ist uns bei der letzten Sitzung der Uefa-Generalsekretäre attestiert worden", so Niersbach.

Neben den DFB-Oberen saß Carsten Koerl. 200.000 Euro bekommt er für seine Firma Betradar im Jahr vom Verband. Dafür beobachtet er 70 Wettanbieter weltweit und meldet Auffälligkeiten im Wettverhalten, die Rückschlüsse auf eventuelle Manipulationen zulassen. Von den 32 Spielen, die in Deutschland manipuliert worden sein sollen, ist ihm keines als auffällig gemeldet worden. Kein Wunder. Betradar beobachtet nur den legalen Wettmarkt.

Macht gar nichts, sagt Theo Zwanziger. Denn auch wenn man als Sportverband der organisierten Kriminalität nicht viel entgegenzusetzen habe, könne man zumindest hierzulande auf die staatlichen Behörden bauen, auf die Staatsanwaltschaften und die Gerichte, die der DFB-Chef jetzt schon mal dazu aufforderte, "drakonische Strafen" zu verhängen.

Auch das funktioniere nirgends so gut wie in Deutschland. Jetzt ist wieder Wolfgang Niersbach dran: "Wir sind das einzige Land, in dem so etwas nicht als Kavaliersdelikt gilt." Sein lettischer Kollege habe ihm erzählt, dass er nichts gegen einen Manipulationsskandal habe unternehmen können, weil die Behörden nicht mitgezogen hätten. Arme Letten!

Gut, dass man in Deutschland nicht ganz so machtlos ist. (Zwanziger: "Mit dem Wort Macht kann ich nicht allzu viel anfangen.") Jetzt will man alles noch besser machen. Dass man, was Wetten betrifft, recht aufgeweckt war, beweise, so der DFB-Chef, die Tatsache, dass man dem Exfußballer und derzeitigen Trainer des Regionalligisten Eintracht Trier verboten habe, in Wettbewerben zu wetten, in denen sein Klub vertreten ist.

Um so etwas und Ähnliches beobachten und einordnen zu können, wurde eine Task Force gegründet, die DFB-Chefjustiziar Jörg Englisch leiten soll. Der Ligaverband DFL wird darin auch vertreten sein. Beide Verbände haben mittlerweile Akteneinsicht beantragt. Noch weiß man ja gar nicht so genau, was die Bochumer Staatsanwaltschaft alles ermittelt hat.

Derweil lechzt die Öffentlichkeit weiter nach Namen von Spielern und Klubs, gegen die ermittelt wird. Von der Staatsanwaltschaft Bochum wird sie die nicht mitgeteilt bekommen. "Wir lassen uns nicht treiben, auch wenn Anwälte aus Haftbefehlen zitieren", sagte Behördensprecher Bernd Bienioßek.

Am Mittwoch wird Wolfgang Niersbach erst mal nach Nyon zum Sitz der Europäischen Fußballunion reisen. Die Uefa hat die neun von den Manipulationen betroffenen Nationalverbände zur Krisensitzung geladen. Die werden dann über die Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft, in die die Uefa involviert war, in Kenntnis gesetzt.

Der türkische Verband, in dessen Einflussbereich mehrere Erstligaspiele verschoben worden sein sollen, will sich erst danach zum Thema Manipulation äußern. In Österreich, wo elf Spiele der Ersten und Zweiten Liga betroffen sind, forderte Sportminister Norbert Darabos "härteste Strafen" für die Drahtzieher. Der Minister hält höhere Strafen als bei Doping für angebracht, immerhin seien "zehntausende Menschen" geschädigt worden.

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