WM in Indien: Badminton unter Terrorangst

Eine Terrorwarnung verunsichert die Teilnehmer der Weltmeisterschaft in Indien. Während das englische Team bereits abgereist ist, spielen die Deutschen weiter.

Ausnahmezustand: Schwer bewaffnete Einheiten schützen die Badmintonspieler in Hyderabad. Bild: reuters

Terrorisierter Sport

AUS DELHI SASCHA ZASTIRAL

Straßensperren, Sicherheitsschleusen, Polizisten mit Maschinengewehren: Das Gelände der Badminton-Weltmeisterschaft im südindischen Hyderabad gleicht einem militärischen Sperrgebiet. Nicht ohne Grund: Es soll eine glaubwürdige Warnung vor einem Anschlag durch die pakistanische Terrorgruppe Lashkar-e-Toiba (LeT) in geben.

Die Warnung hat Gewicht: In der Vergangenheit hat die Gruppe mehrere schwere Anschläge in ganz Indien verübt. Die LeT kämpft für den Anschluss des indischen Teils von Kaschmir an Pakistan. Ende 2001 lösten vermutlich unter anderem LeT-Kämpfer beinahe einen Krieg zwischen Indien und Pakistan aus, als schwer bewaffnete Angreifer versuchten, das Parlament in Delhi zu stürmen. Auch hinter dem Terrorangriff auf die Wirtschaftsmetropole Bombay im vergangenen November mit mehr als 160 Toten wird die LeT vermutet. Polizei und Sicherheitsdienste vermuten überall in Indien Terrorzellen der Gruppe, die vom pakistanischen Teil Kaschmirs aus operiert.

Dennoch hat der Rückzug des englischen Teams am Wochenende, noch vor Beginn der Weltmeisterschaft, Kritik ausgelöst. Der englische Badminton-Verband hatte erklärt, die Entscheidung, ihre acht Spieler nicht antreten zu lassen, sei "unglaublich schwer" gefallen. "Nach den Olympischen Spielen ist das die prestigeträchtigste Meisterschaft der Welt. Aber wir sind nicht bereit, die Sicherheit unsere Spieler, Trainer und Mitarbeiter in einer brisanten Umgebung zu riskieren", sagte Verbandschef Adrian Christy.

Der schottische Badmintonverband, der seine Spieler in der Meisterschaft belassen hat, sprach von einer "Überreaktion". Vorsitzende Anne Smilie sagte, die englischen Spieler hätten eine "falsche Entscheidung" getroffen. "Unsere schottischen Spieler und unser Team-Manager, die sich in Hyderabad aufhalten, sind davon überzeugt, dass die Sicherheit auf bestem Niveau ist", sagte sie. "Sie werden sehr gut bewacht und beabsichtigen nicht, nach Hause zu kommen." Auch das Deutsche Team hat eine Abreise vom WM-Turnier noch nicht ernsthaft erwogen. Dietrich Heppner, der Vizepräsident des Deutschen Badminton-Verbands, verteidigt die Entscheidung, in Hyderabad zu bleiben: "Wenn man solchen allgemeinen Gefahren oder Drohungen nachgibt, kann man überhaupt keine sportliche Großveranstaltung mehr durchfuhren", meinte er.

In eine ähnliche Richtung geht ein Kommentator der Tageszeitung Times of India. Sie schreibt über den Rückzug der Engländer: "So ein Schritt sendet die komplett falsche Botschaft aus." Der Rückzug habe Terrororganisationen gezeigt, dass sie das öffentliche Leben stören können, ohne sich einem Risiko auszusetzen. Eine "einfache Propagandaerklärung" reiche scheinbar aus.

Völlig aus der Luft gegriffen ist die Sorge des englischen Teams jedoch nicht. Erst vor wenigen Tagen haben die USA, Kanada und Australien ihre Staatsbürger vor Reisen nach Indien um den 15. August, einen wichtigen Nationalfeiertag, gewarnt. An diesem Tag seien Terroranschläge zu befürchten. Auch ein Blick auf Indiens Reaktion auf den Terrorangriff von Bombay begründet eine gewisse Sorge: Damals dauerte es drei Tage, bis die Angreifer gestoppt wurden.

Grund zur Sorge bereitet sicher auch ein vereitelter Anschlag auf Sri Lankas Kricket-Team im März in Pakistan. In Lahore, keine 30 Kilometer von der Grenze zu Indien entfernt, hatte ein Terrorkommando den Mannschaftsbus angegriffen. Offenbar sollten die Spieler entführt werden. Alle internationalen Spiele in Pakistan wurden daraufhin abgesagt. Auf absehbare Zeit dürfte Pakistan von der Landkarte des internationalen Kricket-Sports verschwunden sein.

Das Gelände der Badminton-Weltmeisterschaft in Hyderabad gleicht einem militärischen Sperrgebiet

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