Blick in den Sportteil: Die Absurdität des FC Bayern

Der Sport beschert uns Personen, die es eigentlich gar nicht geben dürfte: irre Schachpräsidenten, chinesische Assassinenköche und windige Fußballfahnder.

Ich lass dann mal das Amt ruhen: Peter Limacher, Oberdisziplinar der UEFA. Bild: dpa

Regen im Paradies, ein Hund, der rückwärts läuft oder raucht. Man kann sich ja alles Mögliche ausdenken, ganze Drehbuchautorenställe tun nichts anderes, als absurde Konstellationen und Situationen zu erdenken, die im wirklichen Leben höchst selten vorkommen. Wobei das Absurde ja, wie schon Albert Camus wusste, gleich an der nächsten Straßenecke lauern kann. Nur, um die Sinnlosigkeit allen Seins aufzuzeigen.

Manchmal muss man aber nicht erst zur nächsten Straßenecke, manchmal reicht auch ein Blick in den Sportteil, um die ganze Absurdität unseres irdischen Daseins zu erfassen: Da verliert ein renommierter Bundesligaklub das Halbfinale eines europäischen Wettbewerbs hochverdient mit 0:4, und zwei Jahre später taucht ein Typ auf, der behauptet, das Klub habe das Spiel damals für viele Millionen verkauft. Anschließend stellt sich heraus, dass der Typ, Robin Boksic, Beruf: Fahnder, angestellt bei der UEFA, genau diese unterwandert, womöglich im Auftrag der kroatischen Wettmafia.

Es taucht sogar ein Foto auf, auf dem er mit anderen ehrenwerten Gesellen lässig vor dem legendären Wetten-Café King in Charlottenburg posiert. Gedeckt wurde er vom UEFA-Disziplinarchef Peter Limacher. Der wiederum erst am Donnerstag bekannt gab, im Zuge der Ermittlungen seinen Posten bis zum Abschluss einer internen Untersuchung ruhen zu lassen. Limacher ist übrigens auch der Mensch, der für das Strafmaß bei Roten Karten verantwortlich ist. Also für Bayern-Fans derjenige, der verhinderte, dass Franck Ribéry im letzten Champions-League-Finale auflaufen durfte. Dubios.

Aber es geht noch dubioser. Tischtennis ist ein Sport, der, so will es das Klischee, hauptsächlich von Nerds betrieben wird. Die können, so geht die Sage, enorm bissig und ehrgeizig sein, würden aber aufgrund von Vorsicht und Spießigkeit nie zu illegalen Mitteln greifen. Denkste.

Der deutsche Nationalspieler Dimitrij Ovtcharov, der neulich am Start war, um dem Team bei der Titelverteidigung des Europameistertitels zu helfen, dann aber vor dem Halbfinale wegen einer Sehnenverletzung ausfiel, wurde kurz darauf des Dopings mit einer Substanz namens Clenbuterol überführt. Ovtcharov beteuert seine Unschuld und vermutet chinesische Lebensmittelvergifter hinter der Angelegenheit. Ovtcharov glaubt in der FAZ, "dass ich im normalen Nahrungsmittelkreislauf, also etwa bei den täglichen Fleischmahlzeiten in China, Opfer einer für mich nicht erkennbaren Nahrungsmittelkontamination geworden bin".

Clenbuterol tauchte bislang vornehmlich in Asthmamitteln auf und hilft auch beim Muskelaufbau. Derzeit scheint das Zeug der hot stuff schlechthin zu sein. Womit wir bei Alberto Contador wären, dem Gewinner der Tour de France. Die ja dopingfrei gewesen sein soll, Contador hat noch vor Tagen alle Gerüchte zurückgewiesen. Und jetzt das. Positive A- und B-Proben.

"Scheiße unglücklich" findet der alte Recke Bjarne Riis das. Schuld sollen auch hier die Lebensmittel sein. Genauer: irgendein während der Tour verzehrtes Fleischgericht. Na, vielleicht stecken wieder einmal chinesische Köche dahinter.

Oder die Außerirdischen. Die, die gelegentlich mal auftauchen und zum Beispiel russische Regionalfürsten aufklauben, entführen und hirngewaschen wieder über der kalmückischen Steppe ausspucken. Klingt irre? Ja, aber nicht irre genug, um irgendwelche Behandlungen mit Psychopharmaka oder wenigstens den regelmäßigen Besuch einer Couch zur Folge zu haben. Nein, die Geschäfte gehen, wie im beschriebenen Fall des Präsidenten der russischen Teilrepublik Kalmückien, Kirsan Iljumschinow, einfach so weiter. Erst gestern wurde er als Präsident des Schach-Weltverbands FIDE wiedergewählt. Als Präsident der FIDE also. Durchgesetzt hatte er sich gegen Exweltmeister Anatoli Karpow. Immerhin soll er jetzt sein Amt als Kalmücken-Präses ruhen lassen. Besser ist das.

Vielleicht müssen wir uns all diese absurden Spinner als glückliche Menschen vorstellen. Wie nämlich Albert Camus meinte, befreit uns der Einblick in die Sinnlosigkeit auch von den sie erzeugenden Umständen. Wir müssen nur wollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.