Jagd auf englische Fußballvereine: Fröhliches Besitzer wechseln

Ein indischer Hühnerhändler kauft die Blackburn Rovers. Die Premier League pflegt weiterhin ein unseriöses Finanzgebaren. Und nicht jeder Club hat Glück mit seinem Chef.

Indien gegen USA: Blackburns Salgado gegen Tottenhams Bale. Bild: dapd

DUBLIN taz | Längst gilt es unter Milliardären als schick, sich einen englischen Fußballverein zuzulegen. Die Hälfte der 20 englischen Premier-League-Klubs ist in ausländischer Hand, neuerdings auch die Blackburn Rovers. Am Donnerstag übernahm die Geflügelfirma Venky's den Verein und ist nun der erste indische Besitzer eines Teams in der obersten englischen Spielklasse.

Die Hühnerhändler, die einen Umsatz von einer Milliarde Pfund im Jahr machen, zahlten 23 Millionen Pfund für 99,9 Prozent der Aktien. Wahrscheinlich übernehmen die Besitzer, die Familie Rao, auch Blackburns Schulden in Höhe von 21 Millionen. Venky's ließ verlauten, man habe den Club gekauft, um das Image der Firma im Ausland zu verbessern.

Doch Fans, die nun hoffen, ihr Team werde im Winter mit Spitzenspielern verstärkt, werden enttäuscht: Die neuen Besitzer wollen lediglich fünf Millionen lockermachen. Bei den Preisen, die in der Premier League gezahlt werden, bekommen sie dafür höchstens einen Platzwart. Zum Vergleich: Manchester City hat 32,5 Millionen Pfund alleine für den brasilianischen Stürmer Robinho ausgegeben - Peanuts für den reichsten Club der Welt.

Sein Eigentümer, Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan, gehört der Herrscherfamilie in Dubai an. Er kontrolliert einen Großteil der Ölindustrie in den Vereinigten Arabischen Emiraten, sein Vermögen beläuft sich auf 17,8 Milliarden Pfund. Mit dem Scheich hat City eine bessere Karte gezogen als mit dem früheren Eigentümer Thaksin Shinawatra, dem Ex-Premierminister von Thailand, dessen Vermögenswerte kurz nach der Übernahme des Vereins 2007 eingefroren wurden, weil er in seiner Heimat wegen Korruption gesucht wurde.

Die Jagd ausländischer Investoren auf englische Vereine begann 2003 mit Roman Abramowitsch, dem russischen Ölmilliardär, der den damals kurz vor dem Bankrott stehenden FC Chelsea kaufte und dem Verein Blankoschecks zum Kauf neuer Spieler ausstellte. Die Rechnung ging auf, Chelsea gewann seitdem drei Mal die Meisterschaft und steht auch jetzt an der Spitze, obwohl das Team gerade eine Schwächephase mit zwei Niederlagen in Folge durchmacht. Am Samstag verlor man in Birmingham und ist nur noch wegen besserem Torverhältnis vor Manchester United auf Platz eins.

Der Konkurrent aus Manchester hat dagegen Probleme mit seinem Eigentümer. Als Malcolm Glazer 2005 den Verein komplett übernahm, nachdem er in den Jahren zuvor immer wieder Aktien gekauft hatte, war United schuldenfrei. Glazer hatte sich das Geld für den Kauf jedoch geborgt und übertrug die Schulden auf den Verein.

Zwar hat er vorige Woche 220 Millionen Pfund zurückgezahlt, aber der Club steht noch immer mit 520 Millionen in der Kreide. Darüber hinaus hat Glazer durch ein System von Anleihen sichergestellt, dass er in den kommenden sieben Jahren eine halbe Milliarde Pfund aus dem Verein ziehen kann. Die Fans hassen ihn und tragen nicht mehr das United-Rot, sondern die gelb-grünen Schals von Newton Heath, wie Manchester United bei der Gründung 1878 hieß.

Der FC Liverpool hatte ebenfalls wenig Glück mit seinen Eigentümern. Als die beiden US-Geschäftsleute George Gillett und Tom Hicks im Februar 2007 den Verein für knapp 175 Millionen Pfund übernahmen, galt er als sechstreichster Club der Welt. Im Mai dieses Jahres hatte er 350 Millionen Pfund Schulden. Die Gläubiger, darunter die Royal Bank of Scotland, gingen gegen Gillett und Hicks vor Gericht, um den Vereinsverkauf durchzusetzen. Am 15. Oktober, an dem die Schulden fällig wurden und der FC Liverpool bei Nichtbezahlung unter Konkursverwaltung gestellt worden wäre, entschied das Gericht zugunsten der Gläubiger. Der Klub wurde für 300 Millionen Pfund an das US-amerikanische Unternehmen New England Sports Ventures verkauft.

So viel Glück hatte der FC Portsmouth nicht, das Engagement arabischer Geschäftsleute endete mit einem Debakel. Sulaiman Al-Fahim kaufte den südenglischen Club 2009, merkte aber nach sechs Wochen, dass er kein Geld hatte, und verkaufte ihn an den saudi-arabischen Geschäftsmann Ali Al-Faraj. Der hatte aber auch kein Geld, so dass die Spieler ihr Gehalt ständig zu spät bekamen.

Da er auch die Steuern nicht zahlte, musste Portsmouth im Februar 2010 als erster Verein in der Geschichte der Premier League einen Insolvenzantrag stellen. Daraufhin wurde der Verein mit einem Abzug von neun Punkten bestraft und stieg ab. Mittlerweile ist er im Besitz des chinesischen Unternehmers Balram Chainrai.

Dass englische Geschäftsleute nicht unbedingt seriöser sind, musste Leeds United feststellen. Peter Ridsdale, der 1997 den Verein übernahm, gab viel Geld für neue Spieler aus, das er nicht hatte: Er borgte es in der Erwartung, dass sich Leeds für die Champions League qualifizieren würde. Das geschah aber nicht, sämtliche Spieler mussten verkauft werden. Der Verein ging 2003 mit 103 Millionen Pfund Schulden bankrott, jetzt spielt er in der dritten Liga. Ridsdale übernahm den FC Barnsley, den er ebenfalls beinahe in die Pleite trieb. Sein neuestes Opfer: Cardiff City.

Die Eigentümer und Geschäftsführer der 20 Premier-League-Vereine setzten sich im April dieses Jahres zusammen, um Maßnahmen zu diskutieren, die für Finanzstabilität sorgen sollten, damit sich das Debakel von Portsmouth nicht wiederholt. Insgesamt haben die Vereine der Premier League rund zwei Milliarden Pfund Schulden. So will man künftig Investoren, die einen Verein kaufen wollen, überprüfen und sie zwingen, ihre Finanzen offenzulegen.

Manchen geht das nicht weit genug. Der Abgeordnete der Liberalen Demokraten, Bob Russell, stellte im Londoner Unterhaus den Antrag, dass Sportminister Hugh Robertson eine Kommission bildet, um die Premier League zu regulieren, da sie dazu selbst nicht in der Lage sei. Russell warf den Vereinen vor, sie führten ein Finanzregime, bei dem Bankiers erröten würden. Die Eigentümer der Clubs, sagte Russell, seien "impotent wie ein Zimmer voller Eunuchen".

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