Luca Toni beim AS Rom: Goliath noch ohne Ohrschrauber

Luca Toni wird bei seiner Rückkunft in der Heimat als Retter des AS Rom gefeiert, muss nun aber eine andere Motivation finden als seinen Hass auf die Bayern.

Nach zwei Pflichtspielen hat Luca Toni eins noch nicht vorgeführt: Seinen Ohrschrauber. Bild: dpa

Standing Ovations für Toni. Auf den skurrilen Ohrschrauber, den der flotte Luca nach einem Treffer so gern ansetzt, müssen die Fans des AS Rom zwar weiter verzichten. Nach zwei Pflichtspielen und insgesamt 90 Minuten Einsatzzeit steht noch die Null bei dem Neuzugang. Doch in seiner ersten von Beginn an absolvierten Partie hat sich der im Unfrieden aus München geschiedene Angreifer direkt ins Herz seiner neuen Fangemeinde gespielt.

Toni ackerte, als ginge es darum, den ersten Profivertrag zu ergattern. Als vorgeschobene Spitze war er immer anspielbereit. Er ließ nicht nur, wie man es bei ihm früher gewohnt war, den Ball einfach prallen, sondern behauptete ihn gegen eine Übermacht von vier, fünf Gegenspielern. In Abwesenheit des verletzten Spielmachers Francesco Totti mutierte er gar zum großen Fummler, wenn er sich den Ball von rechts auf links legte, auch mal die Hacke einsetzte und Haken schlug, die an den kleinen Garrincha erinnern könnten, wenn sie wegen der körperlichen Dimension des Spielers nicht so goliathgroß wirken würden. Die nur soliden Verteidiger von Chievo Verona brachte schon diese zwar grobmotorische, aber eben auch energische Performance zur Verzweiflung. Sie wussten sich nur mit Fouls zu helfen - und kassierten bereits in der ersten Halbzeit drei gelbe Karten.

Der erste Teil des Auftrags war damit erfüllt. Vor der Begegnung gegen Chievo hatte Toni seinen Kapitän Totti am Krankenbett besucht. Der legte ihm ans Herz, ein paar der Tritte auf sich zu nehmen, die sonst seine Gliedmaßen träfen. Die Ansprache hallte Toni noch in den Ohren, als Totti auf der Tribüne Platz nahm. Wie ein Magnet zog er die Fouls auf sich, schimpfte und gestikulierte deswegen, und stürzte sich umgehend so leidenschaftlich in den nächsten Zweikampf, dass Trainer Claudio Ranieri ihm aus Sorge um die körperliche Unversehrtheit ein paar mäßigende Worte zurief.

Vergebene Liebesmüh. Die ganze Wut, die sich im letzten Halbjahr in München angesammelt hatte, wollte heraus. "Ich bin geladen", hatte der 32-Jährige vor italienischen Journalisten verkündet. Hämische Abschiedsworte, wie etwa Van Bommels Bemerkung, dass Tonis Weggang besser für den Spieler selbst, aber auch besser für die Bayern sei, sorgten für zusätzlichen Zündstoff.

Den zweiten, wichtigeren Teil seines Auftrags, nämlich für Treffer zu sorgen, erfüllte Toni ebenfalls. Zwar rutschte er an einer scharfen Hereingabe vorbei und ging somit selbst torlos aus, aber bereits in der ersten Minute sperrte er - durchaus sanktionswürdig - bei einem Eckball den Weg frei für den Mannschaftskameraden De Rossi, der per Kopfball das 1:0 erzielte. In der zweiten Halbzeit holte er einen Foulelfmeter heraus, den Pizarro allerdings vergab.

So war Luca Toni bei seinem ersten Spiel von Beginn an der beste Mann des AS Rom. Dass er für zwei ackerte, war allerdings auch vonnöten, denn ab der elften Minute war das Team wegen des Platzverweises von Torwart Doni dezimiert.

Zehn Minuten vor Schluss nahm Trainer Ranieri den mächtig pumpenden Schwerathleten vom Platz; er hatte ihm vorher nur 70 Minuten Spielfähigkeit attestiert. Die Notsituation in Unterzahl hat die besten Seiten des Luca Toni herausgekitzelt. Er wähnt sich nun in den Fußstapfen Gabriel Batistutas. Beim Vorgängerclub Fiorentina überbot er dessen Torrekord. In Rom peilt er jetzt mindestens den einen Scudetto an, den der Argentinier im Jahre 2001 besorgen half. Die WM-Kumpel Totti, De Rossi und Perrotta sind überzeugt, dass sie mit Toni zur großen Aufholjagd blasen können. Wenn der außer dem irgendwann sicher verflogenen Zorn auf die Roten aus München noch eine andere, dauerhaftere Energiequelle findet, könnten die Gelb-Roten tatsächlich wieder in den Titelkampf eingreifen.

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