Der Kampf gegen sich selbst: Höllische Hertha

Für die Mannschaft von Hertha BSC war das Spiel gegen den HSV eine Riesen-Blamage. Der neue Trainer Friedhelm Funkel hat viel zu tun, will er Berlin das Selbstzerstörerische austreiben.

Frustrierte Gesichter: Hertha-Torhüter Timo Ochs (r) und sein Teamgefährte Kaka (l), kurz nach dem Eigentor zum 1:1 durch Kaka. Bild: dpa

BERLIN taz | In diesen Tagen ist Hertha BSC ein dankbarer Gegner. Der Tabellenletzte der ersten Liga spielt derart selbstschädigend, dass Herthas Kontrahenten eigentlich nur vollzählig auf den Platz marschieren und halbwegs solide Fußball spielen müssen. Dann wartet der Gegner am besten auf die Fehler der Berliner. Sie kommen bestimmt. Auch am frühen Sonntagabend kamen sie. Es waren haarsträubende Fehler, die zu unglaublich kuriosen Toren führten. Hertha BSC hatte sich wieder einmal selbst besiegt: 1:3 gegen den HSV. Zum siebten Mal in dieser Saison ging die Elf als Verlierer vom Platz. Da konnte auch der neue Trainer Friedhelm Funkel nichts machen. Der Nachfolger von Lucien Favre konnte nur staunend zusehen, wie sein stümpernder Innenverteidiger namens Kaká völlig unbedrängt ins eigene Tor köpfte, wie Ersatztorhüter Sascha Burchert zweimal in höchster Not vorm heranstürmenden HSV-Profi Markus Berg mit dem Kopf klärte und die Bälle schneller, als der arme Keeper zurücklaufen konnte, auch schon wieder im Netz zappelten. Beide Szenen spielten sich innerhalb von nur zwei Minuten ab. Durch die Duplizität der Ereignisse wirkte das Ganze recht lächerlich. Beobachter schwankten zwischen blankem Entsetzen und aufkeimendem Mitleid.

Nachher waren die Berliner bemüht, Keeper Burchert in Schutz zu nehmen. "Das war nix Sascha, wir haben zusammen drei Tore gekriegt", sagte Pal Dardai. Das Team müsse jetzt "arbeiten", "alles vergessen", "die Köpfe freikriegen" sowie "ackern", ließ der Ungar wissen. Kapitän Arne Friedrich, der merkwürdigerweise als Außenverteidiger ranmusste, sagte: "Saschas Aktionen waren eigentlich richtig, wir müssen halt den zweiten Ball holen." Trainer Funkel räumte ein, so etwas in 30 Jahren Bundesliga noch nie erlebt zu haben. Nach 90 Minuten Anschauungsunterricht im Olympiastadion kam er zu dem Ergebnis: "Der Weg wird dornenreich werden."

Doch der Stachel im Fleische der Herthaner steckte nicht tief. Sie zogen ihn flugs raus und taten so, als ob ihnen die Pikser, die ihnen der Hamburger SV zugefügt hatte, nicht so schlimm seien. Man müsse nach vorne schauen, "wir müssen die individuelle Klasse wieder herauskitzeln", sagte Funkel. Die Mannschaft habe trotz allem "gute Ansätze" gezeigt. Das stimmte sogar. Denkt man sich Herthas selbstdestruktive Akte und deren Folgen weg, dann war der Tabellenletzte im Grunde das bessere Team mit den besseren Chancen. Es konnte vor allem in den ersten zwanzig Minuten und in der zweiten Halbzeit keine Rede davon sein, dass Hertha gegen "eine Mannschaft außer Reichweite", wie Funkel behauptete, gespielt habe, nein, der HSV profitierte nur geschickt von den schlimmen Patzern des Gastgebers. Viel mehr war nicht zu sehen vom Tabellenzweiten.

Hertha BSC spielt demnächst gegen Nürnberg das erste Abstiegsduell, die Partie will Friedhelm Funkel "unbedingt" gewinnen. Es werden in dieser Spielzeit wohl noch viele dieser Kellerduelle auf die Berliner zukommen. Bis zur Winterpause möchte Funkel wenigstens "den einen oder anderen" Tabellenplatz gutmachen. Jetzt hat er erst mal zwei Wochen Zeit, um mit den Profis kräftig zu üben. Auf die Leistungsträger muss er allerdings verzichten. Sie reisen in der Länderspielpause zu ihren Nationalteams. Das trifft auch den Hamburger SV. Ganze vier Profis verbleiben in der Hansestadt.

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