Einigung mit dem DFB: Jogi Nazionale

Bundestrainer Joachim Löw verlängert um zwei Jahre bis zum Ende der EM in Polen und der Ukraine. Aber ist dann noch Theo Zwanziger im Amt?

Wollte nach der WM erstmal in Ruhe nachdenken: Joachim Löw. Bild: dpa

BERLIN taz | Es ist eingetreten, was zu erwarten war: Joachim Löw hat einen neuen Vertrag unterzeichnet. Der Bundestrainer bleibt Bundestrainer. Bis 2012. Was hätte auch sonst passieren sollen nach dieser Weltmeisterschaft, bei der Engländer, Argentinier und Australier den Deutschen mit offenem Mund beim Fußballspielen zuschauten und aus dem Staunen gar nicht mehr herauskamen. Die Panzertruppe von einst spielte mit einem Mal schön. Die Rumpelfußballer konnten plötzlich tricksen. Die hüftsteifen Herren waren so mopsfidel, dass man es anfangs kaum glauben konnte.

Und der Mann, der dafür die Verantwortung trug, Joachim Löw, sollte gehen? Ach was, er hatte sich nur ein paar Tage Bedenkzeit ausbedungen nach dem anstrengenden Championat am Kap. Der 50-Jährige wollte nachdenken, seinen Infekt auskurieren und den Akku, der leer gewesen sei, wie er gestern auf einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main anlässlich der Vertragsverlängerung bekannte, aufladen. Glaubt man Löws Worten, der von "Impulsen", "Akzenten" und "Potenzialen" sprach, dann hat er wieder so viel Energie wie ein Duracell-Hase im Trommelwahn.

Nach der Ruhepause gings relativ schnell. Das Löw-Team um Manager Oliver Bierhoff, Torwarttrainer Andreas Köpke und Co-Trainer Hansi Flick trafen sich am vergangenen Freitag. Am Samstag suchten sie den Kontakt zur DFB-Spitze. Am Sonntag trafen sich beide Seiten "auf neutralem Boden", wie DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach verriet. Und am gestrigen Dienstag setzte die Truppe "im Dienstzimmer des Generalsekretärs" die Unterschriften unters Vertragswerk, das laut DFB-Präsident Theo Zwanziger "moderat" ausgefallen sei, schließlich handele sich es beim DFB um einen "gemeinnützigen Verband"- der könne nicht mit Geld um sich werfen. Trotzdem wird Löw eine Summe von etwa 2,5 Millionen Euro pro Jahr kassieren.

Vielleicht sah Zwanziger deshalb so zerknirscht aus. Mit zitronensaurer Miene verkündete er die Nachricht, auf die Fußballdeutschland nach dem Ende der WM tagtäglich gewartet hatte. Alle wollten Löw, ihren Jogi Nazionale. Seine Sympathiewerte stiegen täglich, während die von Zwanziger in den Keller sackten. Von "Amtsmüdigkeit" sprach er in den vergangenen Tagen, offenkundig nach Zuspruch heischend. Auch gestern wollte er sich nicht festlegen, ob er sich im Oktober von den Delegierten des DFB-Bundestages erneut zum Präsidenten wählen lassen will. "Ich werde in naher Zukunft zu einem Meinungsbild kommen", sagte er. Anscheinend sieht er sein ehrenamtliches Investment nicht genügend gewürdigt, denn bei einem Vorstandsvorsitzenden in der Wirtschaft würde es ja immerhin ein "kleines Schmerzensgeld" geben, er aber, der immer "alles richtig machen" will, bezieht seit geraumer Zeit Prügel für Prozesshanselei, schlechtes Krisenmanagement (Schiri-Skandal), Indiskretionen bei den Löw-Verhandlungen im Februar und panische Medienarbeit unter Beihilfe seiner Freunde von der Bild-Zeitung.

Dass man Zwanziger, den gewieften Machtstrategen, aber noch längst nicht abschreiben sollte, beweist die Personalie Matthias Sammer. Der Sportdirektor des DFB geht gestärkt aus dem schwelenden Kompetenzstreit um die U21-Mannschaft hervor. Sammer bekommt größeren Zugriff auf die Nachwuchstruppe, auch weil er "mehr Zeit" für sie habe, wie Bierhoff gewieft formulierte. Löw hatte die U21 immer als Außenposten der Nationalmannschaft begriffen und entsprechend auf seinen Einfluss gepocht. Der wird nach der Stärkung von Sammer aber nicht unbedingt kleiner, denn Zwanziger machte klar: "Der Chef unter den sportlichen Führern ist immer der Bundestrainer, das muss auch Matthias Sammer sehen."

Auch im Fall des DFB-Mediendirektors hat sich eher Zwanziger durchsetzen können. Der Posten wird neu besetzt, Harald Stenger wird sein Gnadenbrot "im Umfeld der Nationalmannschaft" erhalten. Und wie es mit Michael Ballack weitergeht, ist gleichfalls offen. Er solle erst einmal fit werden und den "Rhythmus aufnehmen", sagte Löw, dann werde man sehen, ob er Kapitän bleibe oder aber der Münchner Philipp Lahm. "Ich habe mir noch keine endgültigen Gedanken gemacht", sagte Löw. Das wird der Bundestrainer bald nachholen müssen, denn schon am 11. August steht das nächste Freundschaftsspiel gegen Dänemark an - mit dem neuen alten Coach und womöglich einem neuen alten Kapitän.

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