Frauenfußball-EM: "Mädels wie wir"

Frankreich, am Donnerstag Gegner der deutschen Auswahl, hat sich viel abgeschaut von den Weltmeisterinnen. Trainerin Neid erwartet ein leichtfüßiges Team.

Simone Laudehr (in weiß) im Duell um den Ball mit der Niederländerin Kirsten van de Ven. Bild: ap

TAMPERE taz | Fürchterlich viel Kontakt mit französischen Fußballerinnen hat Simone Laudehr in ihrem Leben noch nicht gehabt. Irgendwann einmal bei einem Jugendländerspiel, dazu kamen in diesem Frühjahr die beiden Uefa-Cup-Halbfinale mit dem FCR Duisburg gegen Olympique Lyon - das wars. "Mit der Nationalmannschaft habe ich noch nie gegen Frankreich gespielt", ist sich Laudehr sicher.

Was die 23-Jährige nicht daran hindert, eine grundsätzliche Meinung über die Frauen aus dem Nachbarland zu haben. Und die fällt wenig positiv aus. "Die Französinnen gehören einer Nation an, die immer ein bisschen arrogant rüberkommt", wärmt sich die schlanke Mittelfeldspielerin für den zweiten EM-Auftritt der deutschen Elf am Donnerstag (16.30 Uhr, ARD) schon einmal auf, nimmt dann aber vorsichtshalber gleich ein dezentes Bremsmanöver vor: "Das sind Mädels wie wir."

Die Weltmeisterin von 2007 braucht solche kleinen Verbal-Tacklings im Moment besonders dringend. Denn nach ihrer Bänderdehnung im Knie, die sie sich vor drei Wochen zugezogen hat, ist die Stammspielerin erst einmal in die Warteschleife befördert worden. Das nagt an ihr, auch wenn Laudehr sehr bemüht ist, sich nichts anmerken zu lassen. Im Auftaktmatch gegen Norwegen (4:0) durfte die junge Hamburgerin Kim Kulig (19) an ihrer Stelle im defensiven Mittelfeld ackern, wurde am Ende gar zur "Spielerin des Spiels" gekürt.

Das mannschaftsinterne Duell mit Kulig fordert in diesen Tagen nun die Diplomatin in Laudehr heraus. "Wir haben viele gute Spielerinnen auf der Auswechselbank, so wie Kim Kulig oder Jennifer Zietz. Wenn die zum Einsatz kommen, sind sie sofort fleißig", sagt sie schließlich halb wohlwollend und drückt hervor: "Kim ist eine gute Spielerin, ich will sie nicht schlechtmachen."

Zumal vor einem Spiel, das den Titelverteidigerinnen bereits den vorzeitigen Gruppensieg bescheren könnte. Zuvor musste sich Bundestrainerin Silvia Neid aber zunächst dem Wesen des französischen Frauenfußballs widmen. Neid weiß nun, dass das aufstrebende Ensemble von Nationalcoach Bruno Bini inzwischen das 4-2-3-1-Modell pflegt.

"Frankreich hat vor einem halben Jahr umgestellt - auf unser System", erwähnt Neid mit unüberhörbarem Stolz. Dann nennt sie weitere Qualitäten des Gegners: "Spielstark, eine offensiv denkende, leichtfüßige Mannschaft, ganz anders als die eher robusten Norwegerinnen." Alles in allem also: "Nicht leicht zu spielen."

Respekt ist demnach vorhanden - ebenso wie eine gepflegte Distanz. Im gemeinsamen EM-Quartier Scandic Rosendahl ist das zwar nicht immer ganz einfach, die zwei Stockwerke, die zwischen den Schlafgemächern beider Teams liegen, sind aber doch ein recht brauchbarer Puffer. Bei parallelen Pressegesprächen im Hotelfoyer kommt es trotzdem schon einmal zu einem kurzen ungewollten Kontakt mit den Frauen aus dem Hexagon, prinzipiell aber gilt laut Simone Laudehr: "Wir - auch die Französinnen - legen die Termine immer so, dass man sich nicht über den Weg läuft."

Am Donnerstagnachmittag nach der gut fünfminütigen Busfahrt von der Herberge am Pyhäjärvi-See ins Stadion von Tampere wird das Versteckspiel dann beendet sein. Silvia Neid ("Viele versuchen uns zu kopieren, aber das Original ist am besten") bringt ihr Team gezielt auf Betriebstemperatur - und die unruhige Laudehr sich selbst. "Ich bin total heiß auf die EM", sprudelt es aus der gebürtigen Regensburgerin, die am Dienstag zum ersten Mal wieder mit der Mannschaft trainiert hat, hervor.

Laudehr kann die Füße kaum still halten - während die Trainerin ihrer Madame Ungeduld prompt Hoffnungen macht. "Vielleicht", überlegt Neid beim Gedanken an den Mix aus Aggressivität und Kreativität, der sowohl das Bini-Team wie auch Laudehrs Spielweise auszeichnet, "passt sie ja gut zu Frankreich."

Allerdings nicht annähernd so gut wie Célia Okoyino da Mbabi. Die 21-jährige Mittelfeldspielerin vom SC Bad Neuenahr hat französische Wurzeln, ist mit einigen französischen Spielerinnen befreundet, besaß lange Zeit nur einen französischen Pass. Doch die Fußballfunktionäre im Nachbarland versäumten es, frühzeitig das Talent der gebürtigen Bonnerin zu entdecken.

Der DFB war schneller, irgendwann gab Okoyino da Mbabis Vater - seiner Tochter zufolge "schweren Herzens" - seinen kamerunischen Pass ab. Gespielt hat eine der großen Zukunftshoffnungen des deutschen Frauenfußballs in Finnland auch schon: in den letzten 25 Minuten beim ersten Spiel gegen Norwegen. Simone Laudehr wartet auf dieses Erlebnis noch.

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