Zensur bei Olympischen Spielen: Maulkorb für Athleten

Dem britischen Team werden per Vertrag politische Äußerungen bei den Olympischen Spielen in Peking verboten. Sonst droht ihnen der Ausschluss.

Auch Reiterin Zara Phillips, Enkelin der Queen, wäre vom Redeverbot betroffen.

DUBLIN taz Man habe nicht die Absicht, dem olympischen Team einen Maulkorb zu verpassen, erklärte der Geschäftsführer des britischen Olympischen Komitees, Simon Clegg, am Wochenende. "Wir wollen die Meinungsfreiheit der Sportler nicht beschneiden", sagte er. Im 32-seitigen Vertrag, den die britischen Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Peking unterschreiben sollten, klang das anders: Er untersagte politische Äußerungen und drohte denjenigen, die ihn nicht unterschreiben, mit Ausschluss von den Spielen.

Der Vertragsentwurf geht weit über die olympische Charta hinaus. Die sieht lediglich vor, dass die Sportler nicht "auf olympischem Gelände an Demonstrationen teilnehmen oder sich an politischer, religiöser oder rassischer Propaganda beteiligen" dürfen. Man habe die Klausel wegen der "politischen Empfindlichkeiten" in China aufgenommen, sagte Clegg. Man wolle verhindern, dass jemand öffentliche politische Erklärungen abgebe oder ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Freiheit für Tibet" trage.

Pete Gardner, Geschäftsführer des britischen Sportausschusses, sagte, wenn ein Sportler mit der Absicht zu den Spielen fahre, sich politisch zu engagieren, könne er sich nicht auf den Wettkampf konzentrieren und habe nichts bei Olympia zu suchen. Die Maulkorbverordnung hat heftige Kritik in den britischen, aber auch in den US-Medien ausgelöst. Manche Kommentatoren verglichen das Redeverbot mit der Direktive des englischen Fußballverbandes, die dem Team 1938 beim Spiel gegen Deutschland im Berliner Olympiastadion den Hitlergruß beim Abspielen der Nationalhymnen vorschrieb. Eine US-Zeitung fragte sich, was die Queen wohl zum Redeverbot sagt, da auch ihre Enkelin, die Reiterin Zara Phillips, davon betroffen sei. Deren Onkel, Thronfolger Prinz Charles, hat seinen Besuch der Spiele in Peking wegen der chinesischen Menschenrechtsverletzungen in Tibet abgesagt.

Am Wochenende dämmerte es offenbar auch dem britischen Olympischen Komitee, dass man mit dem Vertrag zu weit gegangen war. "Ich gebe zu, dass ein Teil des Vertragsentwurfs strenger als die Olympische Charta ist", sagte Clegg. "Das ist nicht unsere Absicht, und der endgültige Vertrag wird das widerspiegeln." Shami Chakrabarti von der Menschenrechtsorganisation Liberty sagte gestern: "Wir sind erfreut, dass sich Vernunft und juristischer Rat beim Olympiakomitee durchgesetzt haben. Aufgrund des Paragrafen 8 des Gesetzes für Menschenrechte wäre die Vertragsklausel ohnehin nicht durchsetzbar gewesen." Tim Hancock von Amnesty International fügte hinzu: "Die Menschen in China können sich nicht zu Menschenrechten äußern, ohne Angst haben zu müssen. Die Menschen in Großbritannien können es aber."

Das Olympische Komitee will den britischen Sportlern nun dabei helfen, sich eine Meinung zu bilden. Die Olympioniken werden einem "Medientraining" unterzogen. Außerdem wird man ihnen vorgefertigte Antworten mit auf den Weg nach Peking geben, falls sie jemand nach Menschenrechtsverletzungen in China fragt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.