Münchens Olympiabewerbung: Mit aller Macht

München will die Winterspiele 2018. Doch die Probleme in der Bewerbungsgesellschaft häufen sich. Seehofer und Ude rufen deshalb die Presse auf, "genehmer" zu berichten.

Die Olympia-Gegner machen mobil gegen das Großprojekt. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Willy Bogner stand in der zweiten Reihe und lächelte mehr pflichtbewusst als glücklich. Anfang der Woche hatte der Geschäftsführer der Münchner Olympia-Bewerbungsgesellschaft noch seinen Rücktritt angedroht per Brief und Interview, falls die Politik nicht Millionen für die Bewerbung zu den Olympischen Winterspielen 2018 zuschieße.

Am Donnerstagnachmittag stand Bogner auf der Pressekonferenz in der Bayerischen Staatskanzlei und schwieg. Es gibt nun keinen Rücktritt mehr - und auch nicht mehr Steuergeld, dafür kaum kaschierte Kritik an Bogner. Es werde beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) notiert, wenn Briefe an Gesellschafter zuerst in der Presse erscheinen, sagte Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB).

Das IOC dürfte die Bewerbung momentan sowieso mit Argusaugen beobachten. Bei der letzten Beurteilung im Juni schnitt München im Vergleich zu seinen Konkurrenten Pjeongchang und Annecy zwar sehr gut ab, das IOC bemängelte aber die fehlende Begeisterung vor Ort. Die Bürger in Oberammergau haben Olympia bereits mithilfe eines Bürgerbegehrens erfolgreich verhindert. Jetzt herrscht explosive Stimmung in Garmisch-Partenkirchen: Einige Bauern bleiben anscheinend bei ihrer Weigerung, Grundstücke für die Spiele zur Verfügung zu stellen. Bis Ende des Monats müssen eigentlich alle Verträge unterschrieben sein.

Doch nicht nur diese Problematik bereitet den Organisatoren Sorgen, jetzt machen auch noch die Olympiagegner Druck. Seit wenigen Tagen sammelt die Initiative Nolympia Unterschriften gegen die Bewerbung. "Wir haben bereits mehrere hundert beisammen", sagte der grüne Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann der taz. "Die Bewerbung ist vollkommen am Ende. Jeder weitere Tag verbrennt unsinnig Geld." Die offensichtlichen Probleme lächelten die Gesellschafter der Olympiabewerbung am Donnerstag einfach weg. "In der Summe ein vollkommen gelungener Tag", befand Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD).

Der bayerische Ministerpräsident setzte sogar noch einen drauf: "Ich habe in keinem Bereich noch irgendwelche Zweifel", sagte Horst Seehofer. Beide Politiker sitzen in der Gesellschafterversammlung der Bewerbungsgesellschaft. Das Gremium entschied gemeinsam mit dem Aufsichtsrat, das Budget der Bewerbung von 30 auf 33 Millionen Euro zu erhöhen. Das Problem: Trotz vieler staatlicher Sponsoren sind erst 22 Millionen Euro zusammengekommen. Bogner hatte zuletzt gesagt, dass das nötige Geld nicht aus der Wirtschaft allein fließen werde.

Nach mehreren Stunden einer in den Worten Seehofers "ungeschminkten Aussprache" folgt die Kehrtwende Bogners: "Die Bedenken, die wir vorher hatten, sind ausgeräumt." Wodurch, das sagte er nicht. Seehofer erklärte nebulös, man habe "eine Reihe von Dingen in der Pipeline".

Olympiagegner Hartmann zeigt sich angesichts der aktuellen Entwicklung sprachlos: "Wir haben gedacht, die präsentieren jetzt wenigstens einen neuen Großsponsor", sagt er.

Doch anscheinend wollen Seehofer und Ude erst einmal die Querelen in der Bewerbungsgesellschaft lösen. Ab sofort sollen neu eingesetzte Koordinatoren Bogner kontrollieren und im Zweifel zurückpfeifen. Einer von ihnen, der bisherige Prokurist und Ude-Vertraute Jürgen Bühl, darf sich nun mit dem Titel Stellvertretender Geschäftsführer schmücken. Doch Bogner hat noch mehr Probleme.

Der Unternehmer musste kleinlaut eingestehen, dass sich die Gesellschaft ein bisschen mehr an Budget, rund 37 Millionen Euro, vorgestellt habe. Unter anderem sollte das Geld für teure Bewerbungsfilme herhalten, die vermutlich Bogner höchstpersönlich dreht. Damit müsste er sich eigentlich auskennen: Für Sotschi, den Ort der Winterspiele 2014, hat er bereits den Bewerbungsfilm gedreht.

Jetzt muss Bogner also trotzdem ins zweite Glied rücken. Ude und Seehofer übernehmen. Der mit neuem Selbstbewusstsein ausgestattete Ministerpräsident hat schon eine Idee, falls die Finanzprobleme und der Widerstand der Bürger nicht abreißen sollten: Die Presse soll einfach etwas genehmer darüber berichten. Bei aller Verpflichtung zum kritischen Nachhaken sollten die Journalisten doch "bei einer Angelegenheit von nationalem Rang" Verständnis zeigen, ermahnt Seehofer die Medienvertreter: "Ich bitte Sie darum."

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