Bayern München gegen Schalke 04: Nicht mal mehr ein Ausraster

Zum siebten Mal in dieser Saison verliert der FC Bayern. Und Coach Klinsmann schaut ratlos dem Abschwung zu. Bei seinen Spielern machen sich erste Anzeichen von Resignation breit.

Die Bayern spielen nicht gerade himmlich. Da hilft auch der Beistand von Ordensfrauen nichts. Bild: dpa

Es war ein unwürdiges Schauspiel, das Jermaine Jones aufführte, als der Schiedsrichter ihn vom Platz stellte. Der Schalker hatte Bayerns Mark van Bommel zum zweiten Mal rüde von den Beinen geholt und damit die Disqualifikation geradezu erzwungen. Doch Jones sank auf die Knie, als treffe alle Ungerechtigkeit dieser Welt in just diesem Moment, der 70. Spielminute, ausgerechnet ihn. Und doch sendete Jones wenigstens ein positives Signal mit seiner Jammerei: dass er weiterspielen wollte.

Bayern München: Butt - Lell (74. Borowski), Lucio, Demichelis, Lahm - Sosa (69. Altintop), van Bommel, Ottl (46. Podolski), Zé Roberto - Ribéry - Toni

FC Schalke 04: Neuer - Rafinha, Westermann, Krstajic, Pander (71. Engelaar), Jones, Kobiaschwili - Altintop (65. Höwedes) - Farfán, Kuranyi, Sanchez (89. Asamoah)

Zuschauer: 69 000 (ausverkauft);

Tor: 0:1 Altintop (21.);

Gelb-Rot: Ribéry (76./wiederholtes Foulspiel); Jones (70./wiederholtes Foulspiel)

Bei Franck Ribéry war man sich da sechs Minuten später nicht so sicher. Der Franzose sah ebenfalls Gelb-Rot - eine vertretbare, aber anders als bei Jones zumindest diskutable Entscheidung. Ribéry nahm sie ohne erkennbare Regung zur Kenntnis. Schon vorher gut zu erkennen war aber, dass ihm dieses Spiel keinen Spaß machte. Nun trottete er also Richtung Eingang zum Kabinentunnel. Als Ribéry dort ankam, stand zwei, drei Schritte weiter Jürgen Klinsmann. Es sah aus, als erwarte der Trainer einen Abschiedsgruß, sicher hätte er einen Schulterklaps für seinen Spieler übrig gehabt. Doch Ribéry beachtete Klinsmann nicht weiter und verschwand.

Unwillkürlich schuf er damit ein Sinnbild. Denn seltsam teilnahmslos hatten die Bayern sich diese Partie aus der Hand nehmen lassen. Zu Beginn wirkten die Gastgeber noch munter. Dann aber traf Schalkes Halil Altintop per Kopf zum 0:1 (21.). "So ein Tor nach einem Eckball kann immer mal passieren", sagte später Philipp Lahm fatalistisch. Den Bruch im Spiel der Bayern erklärt es nicht. Denn an solche Situationen sind sie gewohnt. Schon siebenmal haben die Bayern in dieser Bundesliga-Saison nach einem 0:1 noch die Niederlage vermieden. Doch gegen Schalke quälten die ihre Anhänger nach dem Rückstand mit konzeptlosem Gekicke, verschärft durch fehlenden Bewegungsdrang im Spiel mit wie ohne Ball und komplettiert durch eine lustlose Körpersprache. 15 Ecken hatten die Bayern, theoretisch hatten sie also 15-mal die Chance, dass mal ein Tor passiert, um mit Lahm zu sprechen. Aber praktisch mussten die Bayern froh sein, sich nicht ständig gefährliche Konter einzufangen, so schlecht waren die meisten Ecken ausgeführt.

Aber in diesem Verein rastet niemand mehr aus. Nach dem Spiel sei es in der Kabine "ganz ruhig" gewesen, berichtete Kapitän Mark van Bommel. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ist seit seiner Wutrede in Barcelona auf Tauchstation. Manager Uli Hoeneß, von dem man ja immer sagt, dass ihm am meisten an den Bayern liegt, ließ die Journalisten kommentarlos stehen. Er sah wenigstens so aus, als würde es ihm schwerfallen, nicht auszurasten. So blieb auch nach der Schalke-Partie das Bekenntnis der Chefs zum Abteilungsleiter Klinsmann aus.

Und Klinsmann selbst? Er stellte sich den Medien, muss er ja auch. Seine Position ist nun noch ein Stück schwächer geworden. Ein wenig öffentliches Profil könnte seine Stellung stärken in diesen Tagen. Wie gern hätte man ihn mal wütend wegen der Leistung der Spieler gesehen oder eine innovative Verbesserungsidee gehört. Aber alles, was ihm über die Lippen kommt, sind weiter die ewig gleichen Parolen. "Wir ziehen das durch, mit aller Energie", sagte er zu seinen Aussichten, weiter im Amt zu bleiben. Es sei eben eine "extreme Saison, mit vielen Verletzungen und merkwürdigen Schiedsrichterentscheidungen". Aber natürlich spüre er das Vertrauen der Chefs. Ob er es wirklich spürt? Es ist wohl eher so, dass den Chefs einfach der Plan B für ein Saisonfinale ohne Klinsmann fehlt. Außerdem könnte der Vorstand sich dann nicht mehr hinter dem Trainer abducken, sondern stünde plötzlich selbst im Sturm.

Da ist es plötzlich auch nicht mehr schlimm, die Meisterschaft, also den letzten noch möglichen Titel, vorerst abzuschreiben. Darüber "brauchen wir jetzt nicht zu reden", sagte Philipp Lahm. Man müsse "ein bisschen runterschrauben" und "erst mal Platz zwei zu sichern", wegen der Direktqualifikation zur Champions League. Ihre nächste Gelegenheit dazu haben die Bayern zu Hause gegen Mönchengladbach. Einer wird nicht dabei sein: der gesperrte und gelangweilte Franck Ribéry.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.