Doping im Reitsport: Olympiakader aufgelöst

Nach Diskussionen um Doping macht die reiterliche Vereinigung reinen Tisch und löst alle Olympiakader auf. Prompt meldet sich das Fernsehen wieder.

Schummelreiter auf Schummelschimmel: Ludger Beerbaum und Coupe de Coeur. Bild: dpa

"Erlaubt ist, was nicht gefunden wird." Mit dieser Aussage zum Medikamentenmissbrauch am Pferd lieferte die Leitfigur des deutschen Springreitens, Ludger Beerbaum, den Anstoß zu all der Empörung, die sich Bahn bricht.

Im Laufe der Jahre habe er sich darin eingerichtet, auszuschöpfen, was geht, und fügte selbstkritisch an: "Das ist heute nicht mehr aufrechtzuerhalten." Der folgende Aufschrei unter Reitern und Funktionären war groß, wollte dieses Bekenntnis doch so gar nicht in die gerade stattfindenden Verhandlungen um einen neuen TV-Vertrag passen.

Diese legten ARD und ZDF nach Beerbaums Vorstoß auch prompt auf Eis. Der nationale Verband (FN) reagierte dann tatsächlich sehr schnell und radikal auf Ludger Beerbaums Bekenntnisse. Am vergangenen Donnerstag wurden die Kader der olympischen Disziplinen Springen, Dressur und Vielseitigkeit mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Außerdem ist Beerbaum bis auf weiteres aus der Nationalmannschaft ausgeschlossen worden.

Seit einiger Zeit schon besteht nämlich Dopingverdacht nicht nur bei Beerbaum, sondern auch bei seinen Spring-Kollegen Christian Ahlmann und Marco Kutscher. Der Vorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Bach, begrüßte das Vorgehen der FN: "Die historische Auflösung der Nationalmannschaftskader ist beispiellos."

Eine unabhängige Kommission soll nun die Verbandsfunktionäre und Reiter untersuchen. Mit der Auflösung will der Verband einen Schritt in Richtung Glaubwürdigkeit machen. Und das scheint ihm zu gelingen. Nach Bekanntwerden des Einschnitts nahmen ARD und ZDF die Verhandlungen mit der FN über einen neuen TV-Vertrag wieder auf.

Einzig aus dem Lager der Dressurreiter kam leise Kritik. Da die Dressurreiter bisher nicht in Dopingverdacht geraten sind, fehlt ihnen das Verständnis für die Auflösung ihres Kaders. Auch Gerit Matthesen, seit 1987 Tierarzt des internationalen Verbandes FEI, begrüßt den Neuanfang zwar grundsätzlich, merkt jedoch an, dass der Sport aus seiner Sicht "fast sauber" sei. "Ein paar Ausreißer gibt es immer", sagt er der taz.

Wenn diese Ausreißer aber solche Gallionsfiguren sind, dann fällt es einem Verband schwer, damit klarzukommen. Zumal hinter Beerbaums Bekenntnissen noch eine ganz andere Motivation steckt. Schon seit geraumer Zeit macht er sich dafür stark, das absolute Medikationsverbot aufzlockern.

Wettkampfpferde dürfen laut den Statuten der FN lediglich Impfungen und Entwurmungen erhalten. "Die Nulllösung ist nicht praktikabel," sagt Beerbaum auf Anfrage. Gerade im Reitsport verläuft die Grenze zwischen Medikation und Doping derart schmal, dass Zweifel an einer Auflockerung angebracht sind. Matthesen hofft derweil auf einen Neuaufbau. Wahrscheinlich mit den alten Kadern. (MIJ)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.