Deutschlands größtes Pferdesportfest: Party unter Kontrolle

Die Fans feiern Deutschlands größte Pferdesportsparty. Reiter und Funktionäre reden derweil über Doping.

Die Zahl der Tests erhöht: Pferd beim Chio in Aachen. Bild: dpa

Die Aachener sind unerschütterlich. Zwar hat sich der Reitsport seinen Ruf durch die vielen prominenten Dopingfälle ordentlich versaut, doch davon lassen sich die Pferde-Enthusiasten aus der Karlstadt nicht abschrecken. Auch beim CHIO 2009, der in dieser Woche über die Bühne geht, sind die Stadien gut gefüllt, das Publikum fiebert ohne erkennbares Misstrauen mit den Reitern. Dabei ist alles ein bisschen anders, die Veranstalter nehmen die Dopingproblematik ernster denn je.

So wurde die Zahl der Tests erhöht, das Gleiche gilt für die Anzahl der Stewards, die die Einreitplätze überwachen. Dazu wird erstmals mit Wärmebildkameras Jagd auf unlautere Reiter gemacht. Mit einem Thermografieverfahren wird die Hauttemperatur der Springpferdbeine gemessen, um Hinweise auf Manipulationen zu bekommen. Eine Reaktion auf den Capsaicin-Skandal der Reiterspiele von Hongkong, wo fünf Springreiter, unter ihnen der Deutsche Christian Ahlmann, positiv auf den Wirkstoff aus der Chilischote getestet worden waren. Pferdebeine mit scharfen Mitteln einzureiben, um deren Schmerzempfindlichkeit zu steigern, ist eine der unschönen Formen der Manipulation.

Alles ist diesem Jahr ein bisschen anders, auch die Zusammensetzung der Springreiterequipe, die am Donnerstagabend um den Nationenpreis kämpfen wird (22.05, ZDF). Der neue Bundestrainer Otto Becker berief neben Meredith Michaels-Beerbaum und Marcus Ehning zwei Debütanten: den deutschen Meister Philipp Weishaupt (23) und den 46-jährigen Carsten-Otto Nagel. Becker freut sich darüber, dass sich "auch mal andere" durchgesetzt haben.

Der erfahrene Nagel, dessen elfjährige Stute Corradina nach Auskunft des Reiters "gerade in ihre besten Jahre kommt", ist in seiner langen Karriere jedenfalls nie im Bereich des Dopings oder verbotener Medikation auffällig geworden. "Das Thema nervt", sagt der Pferdewirt aus Wedel in Schleswig-Holstein. "Wir stehen unter Generalverdacht. Das ist nicht gerecht, denn es dopen nicht alle Reiter. Es gibt viele, die ordentlichen Sport betreiben." Die Äußerungen seines Kollegen Ludger Beerbaum ("In der Vergangenheit hatte ich die Haltung: Erlaubt ist, was nicht gefunden wird.") haben Nagel gar nicht gefallen. "Das ist seine Meinung, die gilt sicher nicht für alle Reiter", sagt er.

Überhaupt hat der Reiter zu diesen Dingen einen auffällig klaren Standpunkt. Viele seiner Kollegen, zuletzt auch die des Dopings überführte Dressurreiterin Isabell Werth, klagen gern über die böse "Nulllösung" (im Körper des Pferdes dürfen sich im Wettkampf nur wenige erlaubte Substanzen befinden), die sinnvolle Behandlungen des Leistungssportlers Pferd verhindere. Nagel sieht das anders. "Es ist gar nicht so schwierig, wie es gemacht wird. Wenn ein Pferd mit einer Substanz behandelt werden muss, die im Turnier verboten ist, dann bleibt es zu Hause." Den Fall der Kollegin Werth, deren Nachwuchspferd Whisper positiv auf das in der Pferdemedizin nicht zugelassene Psychopharmakon Fluphenazin getestet worden war, will er "nicht beurteilen". "Es tut mir leid für Isabell, sie ist eine tolle Reiterin." Dann sagt er doch etwas: "Ich kann nicht verstehen, warum ein für Pferde nicht erlaubtes Mittel eingesetzt wurde. Wenn man das Pferd etwa beim Beschlagen beruhigen wollte, gibt es andere Mittel. Wie sich ein Profireiter in eine solche Lage bringt, kann ich nicht verstehen."

Im Juli werden alle deutschen Spitzenreiter und Funktionäre von einer Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Sachen Doping befragt. Davon verspricht sich Nagel wenig. "Ich weiß nicht, was das bringen soll, warum sollte dort einer gestehen, dass er dopt?" Im Kampf gegen Doping wünscht er sich vielmehr härtere Strafen. "Es muss richtig wehtun. Vier Wochen Sperre und 4.000 Franken Strafe bringen nichts", erklärt er - und spielt damit auf die in der Vergangenheit in Dopingfragen oft sehr laxe Haltung des Weltverbandes FEI an. "Man muss zuerst ganz oben aufräumen. Der Verband hat viel zu spät angefangen, sich um diese Probleme zu kümmern."

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