Handballer droht das Aus bei Olympia: Präsidiale Kontrollverweigerung

Der Internationale Handballverband hat den Kampf gegen Doping nie besonders ernst genommen. Trainingskontrollen gab es nicht.

IHF-Präsident Hassan Moustafa (r), hier zusammen mit Bundespräsident Horst Köhler (l), mag die Doping-Jäger nicht. Bild: ap

HAMBURG/BERLIN taz Olympia ohne Handball? So weit wird es wohl nicht kommen. Doch es gab und gibt Befürchtungen, dass der Sport aus dem olympischen Programm gestrichen werden könnte. Man hat es nicht allzu ernst genommen mit dem Kampf gegen Doping. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hatte in einem Bericht vom Oktober 2008 festgestellt, dass der Internationale Handballverband (IHF), was die Trainingskontrollen betrifft, den Bestimmungen des Wada-Kodex nicht genügt. Jetzt will man sich bessern.

"Das war ein Schuss vor den Bug zur richtigen Zeit", Hans Holdhaus ist heilfroh, dass der IHF sich endlich mehr engagiert im Kampf gegen Leistungsmanipulation. Der Österreicher, Mitglied in der medizinischen Kommission der IHF und Doping-Experte, war derart "frustriert", über die Untätigkeit des Verbandes, dass er sein Amt ruhen ließ.

Lange hat sich nichts getan. Ein dringliches Schreiben der Wada vom 26. November 2008, das der Redaktion vorliegt, hat die IHF lange ignoriert, obwohl Holdhaus "die Herren" immer wieder auf die Wichtigkeit des Schreibens hingewiesen hat. "Ich glaube, jetzt endlich haben sie etwas kapiert", sagte er der taz.

Im Wada-Kodex ist vorgeschrieben, dass die internationalen Sportfachverbände Regularien für die "out of competion tests" festlegen. Solche Trainingskontrollen kann die Wada selbst anordnen. Aber auch die Verbände sind verpflichtet, außerhalb von internationalen Wettbewerben Athleten zu kontrollieren. Doch die IHF hat keine einzige Blut- oder Urinprobe genommen. Mehr noch: Das Budget der medizinischen Kommission für das Jahr 2008 sei seitens des ägyptischen IHF-Präsidenten Hassan Moustafa und des spanischen IHF-Schatzmeisters Miguel Roca ersatzlos gestrichen worden, erklärt Holdhaus. Zudem habe die IHF-Führung die Anti-Doping-Einheit der IHF aufgelöst. "Dabei sollte doch klar sein, dass man sich an gewisse Regeln halten muss, wenn man mit den anderen ganz oben mitspielen will", sagt Holdhaus.

Sein Versuch, dem Präsidenten zu erklären, dass das IHF-Gebaren den internationalen Standards im Anti-Doping-Kampf widerspricht", sei erst auf Resonanz gestoßen, als der Entzug der olympischen Privilegien drohte.

Die IHF gilt schon lange nicht gerade als Vorreiter in Sachen Dopingbekämpfung. Während bei der WM 2003 in Portugal noch knapp 100 Athleten kontrolliert wurden, waren es bei der WM 2007 in Deutschland nur 72. Geradezu spektakulär geriet der Skandal beim vorolympischen Turnier 2004 in Athen. Als dort bekannt wurde, dass Kontrollen stattfinden würden, setzte die ägyptische Teamleitung fast die Hälfte der Mannschaft auf die Tribüne. Niemand mehr wollte glauben, was IHF-Präsidenten Moustafa offiziell verkündete: "Die medizinischen Sachen sind sehr wichtig für die IHF." Lauthals und vor Augenzeugen beschimpfte Moustafa in Athen den damaligen Chef der medizinischen Kommission der IHF Gijs Langevoort. "Du Idiot, alle Mediziner sind Schwachsinnige." Der Niederländer, der als engagierter Anti-Doping-Fachmann galt, wurde beim nächsten IHF-Wahlkongress abgesetzt. Stattdessen fand sich der unbekannte Ivorer Gnamian an der Spitze der Medizinkommission: Gnamian war, offenkundig von Moustafa protegiert, in Abwesenheit gewählt worden; zur Zeit seiner Wahl soll er in der Elfenbeinküste im Gefängnis gesessen haben.

Die Wada und das IOC dürften jedenfalls klargemacht haben, dass sie die bisherige Anti-Doping-Politik des Ägypters nicht tolerieren wollen. Einen "strengen Blick" auf die Verbände versprach Wada-Präsident John Fahey zuletzt im November 2008 und setzte eine allerletzte Frist: Bis Mai 2009 müssen alle Bestimmungen des Wada-Kodex erfüllt sein. Ansonsten sei eine Suspendierung einer Sportart schon vor London 2012 möglich.

Dabei ist eine Frage noch gar nicht geklärt. Eigentlich müssten die Verbände Testpools mit den internationalen Top-Athleten benennen, auf die dann das System der Trainingskontrollen angewendet wird. Das machen die Handballer aber genauso wenig wie die Verbände aller anderen Teamsportarten. Die melden keine Spieler, sondern nur Teams. Trainingskontrollen können also nur durchgeführt werden, wenn ein Nationalteam zusammen trainiert oder einen internationalen Wettkampf bestreitet. In der Wada wird auch das gar nicht gern gesehen.

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