Diegos Abschied aus Bremen: Preistreibender Dienst

Während Bremen über den Transfer seines Spielmachers Diego mit Juventus Turin verhandelt, führt der sein Team zu einem 3:2 beim HSV. Und ein Nachfolger scheint schon gekürt zu sein.

Flug zur Eckfahne: Diegos Jubel nach seinem Ausgleichstreffer zum 1:1 im Halbfinale des Uefa-Pokals in Hamburg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Nicht nur die Tage des Diego Ribas da Cunha in Bremen sind gezählt, sondern auch die Spiele, die er noch für den SV Werder machen wird. Fünf werden es sein, viermal in der Bundesliga und das Pokalfinale. Höchstens. Wenn er nicht lieber im feinen Bremer Stadtteil Oberneuland mit einer Thekenmannschaft gegen seinen designierten Nachfolger Mesut Özil kickt, während sich die Kollegen in der Bundesliga versohlen lassen. So war es am vergangenen Wochenende geschehen. Werders Kommunikationsabteilung war es gelungen, daraus eine regelrechte Affäre werden zu lassen, mit immer wieder brechenden Verteidigungslinien und Lügengebäuden, die schließlich sogar den Stoiker Thomas Schaaf aus der Fasson brachten. Und das ganze unmittelbar vor dem Halbfinal-Rückspiel im Uefa-Cup, das Werder dann mit 3:2 gewinnen sollte.

Die Geschichte hätte Werders Mannschaft verunsichern können, wäre da nicht ein noch brisanteres Thema gewesen, das auch wieder mit Diego zu tun hatte: Keine 24 Stunden vor Anpfiff im Hamburger Volkspark saß Werders Geschäftsführer Klaus Allofs in Bremen mit einer Delegation von Juventus Turin zusammen und verhandelte über einen Transfer des Spielmachers. Auch wenn Allofs bislang bestreitet, dass es eine Einigung gäbe, muss Diegos Wechsel zum Saisonende nach Turin als abgemacht gelten. Gefeilscht wird noch über die Ablösesumme. Und dafür hat Diego seinem Noch-Chef am Donnerstagabend noch einmal gute Argumente an die Hand gegeben.

Diego ist einer der wenigen Spieler, die im Spiel einen Schalter umlegen und damit die ganze Mannschaft mitreißen können. Als Ivica Oli sein erstes von zwei Toren für den HSV geschossen hatte, schienen sich die Bremer fast aufgegeben zu haben. Schließlich hatten sie schon das Hinspiel mit 0:1 verloren. Mitten in dieser Phase bereitete der Brasilianer seinen völlig überraschenden Ausgleichstreffer zum 1:1 durch einen Doppelpass mit Claudio Pizarro selbst vor. Das war das Signal: Diego spielte nun wieder seine gefürchteten Risiko-Pässe, knallte den Ball an die Latte, machte das Spiel schnell - so schnell, dass die müden Hamburger nicht mehr mitkamen. Auch die Ecke vor Frank Baumanns Kopfball zum 1:3 kam von Diego. Da ist es fast noch bemerkenswerter, dass er am 2:1 durch Claudio Pizarro ausnahmsweise nicht direkt beteiligt war.

Seine Klasse demonstrierte Diego auch im für ihn bittersten Moment: Nach einem Wortgefecht schubst ihn sein Nationalmannschafts-Kollege Alex Silva. Täter und Opfer bekommen die gelbe Karte - "Alibi-Entscheidung" wird ein stocksaurer Werder-Trainer Thomas Schaaf das später nennen. Diego ist sofort klar: Für das Uefa-Cup-Finale in Istanbul gegen Schachtjor Donezk ist er gesperrt. Aber er lamentiert nicht, sondern treibt seine Mannschaft weiter in Richtung Sieg.

Diego hat Werder Bremen in diesen Tagen den größten Dienst erwiesen: Mit seiner Leistung hat er den Weg zur erneuten Teilnahme am internationalen Wettbewerb am Ende einer verkorksten Saison doch noch bereitet. Mit seinem Abschied zwei Jahre vor Vertragsende beschert er Werder frisches Kapital - die Rede ist von 25 bis 30 Millionen Euro. Damit kann der Verein den nötigen Umbau seiner mediokren Mannschaft angehen. Dabei scheint Diegos eigene Nachfolge das kleinste Problem: Mesut Özil spielte in Hamburg als Co-Spielmacher an Diegos Seite wie schon im Hinspiel sehr stark. Er kommt zwar nicht an die beeindruckende Torquote des Brasilianers heran, der fast in jeder zweiten Partie trifft. Aber das Spiel kann Özil ähnlich bestimmen. In zwei Wochen im Finale in Istanbul wird er es müssen. Schon am Sonntag kann er wieder üben: Nicht mit den Kumpels in Oberneuland, sondern in der Bundesliga - wieder gegen den HSV. Einmal noch.

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