Eintracht Frankfurt: Realisten vs. Visionäre

Bei Eintracht Frankfurt wird vehement über die Zukunft des Vereins gestritten. Nun auch auf Buttons - von denen aber niemand weiß, ob sie tatsächlich existieren.

Frankfurts Fans wollen mehr als einen Platz im tristen Mittelland der Liga. Bild: ap

Im Spiel heute gegen Werder Bremen geht es für Eintracht Frankfurt um nichts mehr. Der Verbleib in der Ersten Liga ist so gut wie gesichert, sollte bei sechs Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz und drei noch ausstehenden Partien nur noch Formsache sein. Die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel wird die Saison wohl dort beenden, wo sie den überwiegenden Teil der Saison herumdümpelte: im tristen Niemandsland der Fußball-Bundesliga.

Genau damit sind viele Frankfurter Fans aber unzufrieden. Nachdem sich die Eintracht in den letzten Jahren in der Ersten Liga etabliert hat und in der vergangenen Saison mit dem neunten Rang die beste Platzierung seit dreizehn Jahren erreichte, wollen die Fans nun mehr. Ein derzeit dreizehnter Platz stellt sie nicht mehr zufrieden. Der Verein steckt in einer Zerreißprobe. Heribert Bruchhagen, Vorstandsvorsitzender der Eintracht, und Trainer Friedhelm Funkel betonen immer wieder, dass es für den Verein derzeit sehr schwer sei, weiter nach vorne zu kommen. Gerne erzählt der als Realist verschriene Bruchhagen, dass er vor jeder Saison die ersten acht Plätze der Liga vorhersagen könne. Umso mehr Geld ein Verein zur Verfügung hat, desto größer sei sein Erfolg, und "Visionen sind etwas für Träumer",

Währenddessen sind die "Funkel raus!"-Rufe schon lange bei jedem Heimspiel der Eintracht zu hören. Und die Kritik spitzt sich immer weiter zu. Zudem wird sie immer mehr zu einer Kritik an der Vereinspolitik und damit am Vorstand. "Die Stimmung wandelt sich von einer Anti-Funkel Stimmung zu einer Anti-Bruchhagen-Stimmung", konstatiert Bruchhagen.

Und die Kritik kommt nicht nur aus der Fankurve. Laut der Bild-Zeitung machen die VIP-Fans der Eintracht nun gegen den Trainer mobil. Am Rande des Heimspiels gegen Energie Cottbus am 26. Spieltag (welches mit 2:1 gewonnen wurde), seien 5.000 "Anti-Funkel-Buttons" in den VIP-Logen des Frankfurter Stadions verteilt worden. Die Bild bildete ein Exemplar ab und Bruchhagen wurde im "DSF-Doppelpass" mit einem der Buttons konfrontiert. Auf ihm war Funkel, ein platzender Luftballon und die Aufschrift: "Die Luft ist raus! FF. Es reicht!", zu sehen.

Bemerkenswert ist die Behauptung, dass sich eine oder mehrere Personen, die sich das Spiel der Frankfurter gegen Cottbus aus einer VIP-Loge anschauten, vorher eigenhändig hingestellt und 5.000 Buttons mit einer Button-Maschine, wie man sie von Straßenfesten kennt, hergestellt haben sollen.

Wenn dies stimmen sollte, dann wäre die Fankultur endlich im VIP-Bereich angekommen. Allerdings: Ob es die Buttons aber überhaupt gegeben hat, bleibt fraglich. Bei Nachfrage in der Bild-Redaktion lagen die Buttons "nicht mehr vor". Freilich hätten sie aber "vorgelegen". Bruchhagen selbst sagt trotz der Präsentation im "Doppelpass", dass es keine Buttons gegeben habe, zumindest nicht im Stadion. Das ist schwer möglich, wenn tatsächlich 5.000 verteilt worden wären. Auch bei Ebay ist kein einziges Exemplar aufzufinden. "Das ist doch alles zum Lachen", sagt Bruchhagen zu der angeblichen Protestaktion.

Buttons hin oder her: Die Kritik am Kurs des Klubs kommt längst auch von den teureren Plätzen des Stadions. Vor ein paar Wochen platzte Funkel dann die Hutschnur: "Die meinen, wegen ihrem Geld das Recht zu haben, mich zu beleidigen", ätzte er in Richtung der Haupttribünen-Besucher, die "Funkel raus"-Rufe anstimmten. Als "Krakeeler" kanzelte er sie schließlich ab. Die Fans auf den Stehrängen dagegen, so Funkel, hätten das gute Recht unzufrieden zu sein, wenn die Mannschaft schlecht spiele. Auch mit ihm.

Die Kritik am Trainer und der Politik des Vorstandes ist aber längst von den Stehrängen in die Logen getragen worden. Die Unzufriedenheit vereint die beiden Fangruppen. Vielleicht sind sie sich ja auch gar nicht so unähnlich, wie sie selbst behaupten. Während die Anhänger im Fan-Block 90 Minuten damit beschäftigt sind, die eigene Mannschaft anzufeuern und so zwangsläufig wenig bis gar nichts vom Spielverlauf mitbekommen, sind die Besucher der VIP-Logen aus anderen Gründen vom Spiel abgelenkt. Nun aber finden sie in der Kritik zueinander. Bruchhagen und Funkel müssen wohl oder übel mit dem Verein den nächsten Schritt machen - und beweisen, dass ihr Weg, wenn auch langsam, nach oben führt. Das weiß Bruchhagen und hofft darauf, dass sich "ein Verein im Kampf um die internationalen Fleischtöpfe verschätzt", und die Eintracht den so frei gewordenen Platz einnehmen kann.

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