Schach-Olymiade in Dresden: Schachspieler lernen Pünktlichkeit

Bei der Schach-Olympiade in Dresden spielen Teams aus 153 Ländern um den WM-Titel - das ist Rekordbeteiligung. Die deutschen Mannschaften hoffen auf einstellige Platzierungen.

550 Schachbretter mit 17.600 Figuren warten im Dresdner Kongresszentrum auf die Spieler. Bild: dpa

DRESDEN taz Der Schach-Weltverband Fide erzieht seine Spieler unerbittlich zur Pünktlichkeit. Wer am heutigen Mittwoch zu spät zur Eröffnungsfeier der Schach-Olympiade in Dresden um exakt 20.08 Uhr erscheint, muss aber noch keine Sanktionen fürchten - sofern er die Show mit Max Mutzke, der deutsch-nepalesischen Sängerin Zascha Moktan und der Staatsoperette Dresden nicht als Strafe wertet. Wer es aber ab Donnerstag 15 Uhr nicht rechtzeitig an sein Schachbrett im Kongresszentrum schafft, lässt seine Mannschaft mit 0:4 verlieren.

Bei der Mannschafts-WM, die fälschlicherweise Olympiade heißt und alle zwei Jahre veranstaltet wird, gehen bis zum 25. November Nationalteams aus 152 Verbänden an den Start. Das ist Rekord bei der von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble eröffneten 38. Auflage seit 1927. Gleiches gilt für die 114 Länder, die Frauenteams nach Dresden schicken. Jeweils zwei Quintette der deutschen Gastgeber erhöhen die Zahlen auf 154 und 116 Mannschaften sowie insgesamt mehr als 1.300 Spielerinnen und Spieler. Eine Mammutaufgabe für die Veranstalter, die alle 5.940 Partien der elf Runden im Internet übertragen wollen.

Danach sah es noch im Frühjahr 2007 nicht aus: Die vergleichsweise kleine Einzel-Europameisterschaft war damals ein organisatorisches Desaster. Finanziell drohte der Kollaps. Der ist dank einer Bürgschaft der Stadt Dresden abgewendet.

Die Stadt entmachtete einen Teil des in Schachkreisen auch wegen versuchter persönlicher Bereicherung kritisierten Veranstalterteams. Das brachte Verbesserungen - aber kaum überregionale Sponsoren. Der Steuerzahler wird deshalb für einen Batzen des Etats von 3,88 Millionen Euro einstehen müssen.

Weit beschaulicher verliefen frühere Olympiaden in Deutschland: Hamburg machte 1930 den Auftakt. München folgte 1958. Die DDR "konterte" mit der legendären Olympiade 1960 in Leipzig, bei der ein damals erst 17-jähriger US-Amerikaner Bobby Fischer die 60.000 Zuschauer in seinen Bann zog. Auch 1970 in Siegen stand der aufstrebende Fischer im Mittelpunkt - ungeachtet einer Niederlage gegen Weltmeister Boris Spasski. Sein Debüt gab damals auch Wiktor Kortschnoi, der mit der Sowjetunion gewann. In Dresden sitzt der heute 77-Jährige für die Schweiz am Spitzenbrett.

Wie zu Hochzeiten der Sowjetunion gelten in Dresden die Russen als Topfavoriten. Bundestrainer Uwe Bönsch und die deutsche Nummer eins, Arkadij Naiditsch, haben das Quintett um Exweltmeister Wladimir Kramnik ganz oben auf der Rechnung, vor der Ukraine und den jungen Chinesen. An Platz zwei wie 2000 in Istanbul verschwendet Bönsch keinen Gedanken: "Das war eine Sensation, die wir nicht wiederholen können." Einen einstelligen Tabellenplatz hält der Hallenser Großmeister für realistisch. Die deutschen Männer sind auf Position elf gesetzt. Der 50-jährige Bönsch träumt von Platz sechs.

Auch Naiditsch sieht die Deutschen nicht ganz vorne. "Rang fünf bis zehn wäre gut", sagt der 23-jährige Dortmunder, der sich in Dresden unter die besten 30 der Weltrangliste spielen will. Die deutschen Frauen um die 23-jährige Dresdner Bundesligaspielerin Elisabeth Pähtz sind auf Rang zwölf gesetzt und peilen bei dem 14-tägigen Schach-Festival ebenfalls eine einstellige Platzierung an.

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