Handball Pokalfinale: Sieger beim Brüllcontest

Der HSV Hamburg gewinnt in einem dramatischen Pokalfinale gegen die Rhein-Neckar-Löwen 34:33. Vielleicht treffen sich beide bald wieder in der Champions League.

Gewonnen! Der HSV bejubelt den Pokal. Bild: apn

HAMBURG taz | Der HSV Hamburg hat zum zweiten Mal nach 2006 den Deutschen Handball-Pokal gewonnen. In einem dramatischen Finale besiegten die Hausherren die Rhein-Neckar-Löwen und können weiter davon träumen, alle drei zu vergebenden Titel zu holen. Bei der 18. Auflage des Final-Four-Turniers hatte es im Vorfeld Befürchtungen gegeben, die Stimmung könnte unter der Abwesenheit der Lokalrivalen aus Flensburg und Kiel leiden. Seit das Turnier ab 2003 in der Colour Line Arena ausgetragen wird, haben nur norddeutsche Vereine den Pokal gewonnen, zuletzt dreimal hintereinander der THW Kiel, der in diesem Jahr überraschend vom VFL Gummersbach aus dem Wettbewerb geworfen worden war.

Schon die Anfahrt in der S-Bahn zum Volkspark am Sonntagmorgen macht jedoch klar, dass das Final Four nicht von nachbarschaftlichen Rivalitäten abhängig ist. Da tauschen übernächtigte Nettelstedter mit neuen Gummersbacher Freunden ihre Reeperbahnerfahrungen aus, und nebenan mischt sich tiefstes Mannheimerisch mit Hamburger Platt.

Final Four, das ist ein Familienausflug der Handballgemeinde - Hafenrundfahrt inklusive. Ohne verbindendes Feindbild ist aber auch der Zusammenhalt der Handballfamilie offenbar brüchig. "Keine Zebras in Sicht", freuen sich alle über die Abwesenheit des ungeliebten Marktführers THW Kiel, der erst den Kapitalismus und dann den Korruptionsverdacht in den Handball gebracht hat.

Dabei ist das Final Four in seiner jetzigen Form selbst ein Produkt des Konzentrationsprozesses im Handballgeschäft. Anfang der 90er-Jahre zwang die wachsende Zahl an Wettbewerben die Handball-Funktionäre dazu, Termine zu sparen und Halbfinale und Finale an einem Wochenende auszutragen. Nach einem missglückten Start in Frankfurt 1993 fiel die Wahl als fester Austragungsort auf Hamburg, weil die Hansestadt damals keinen Bundesligisten besaß, dafür aber eine Handballtradition.

Die entscheidende Parole gab der damalige Liga-Chef Heinz Jacobsen aus Kiel aus: "Wir müssen diese Endrunde zu einem Event machen." Richtigen Budenzauber entfaltet das Turnier aber erst, seit ein finnischer Großinvestor Anfang des Jahrtausends die Color Line Arena in den Volkspark stellte und Hamburgs Kaufleute ihm dafür einen Eishockey- und einen Handballbundesligisten spendierten.

Die Stimmung, die in allen deutschen Handballarenen mit akustischen Animationen und organisierten Sprechchören künstlich hochgehalten wird, ist beim Final Four noch ein bisschen ausgelassener. Die Fans der vier Mannschaften gruppieren sich jeweils in einer Ecke der Halle und tragen parallel zum Spielgeschehen einen ohrenbetäubenden Brüllcontest aus.

Diesmal waren die Anhänger der im Halbfinale unterlegenen Mannschaften schon am Sonntagvormittag gefordert, weil ausnahmsweise der dritte Platz ausgespielt wurde, um einen durch die komplizierte Wettbewerbsarithmetik eventuell frei werdenden Europapokalplatz auszuspielen. Der Außenseiter TuS N-Lübbecke besiegte dabei den Altmeister VFL Gummersbach mit 29:26.

Im Finale konnte sich keine Mannschaft entscheidend absetzen, und die Rhein-Neckar-Löwen kamen in der vorletzten Sekunde zum Ausgleich. In der Verlängerung entschärfte Hamburgs Torwart Jogi Bitter mehrere Bälle hintereinander, unter anderem einen Siebenmeter. Den entscheidenden Treffer zum 34:33 erzielte der mit Trauerflor spielende Pole Kristof Lijewski. Bei den Hamburgern brachen nach dem Schlusspfiff alle Dämme hanseatischer Zurückhaltung.

Beide Mannschaften haben Ende Mai möglicherweise wieder die Chance, ein ereignisreiches Wochenende mit ihren Anhängern zu verbringen. Denn erstmals wird auch die Finalrunde der Champions League, in dessen Viertelfinale der HSV und die Löwen stehen, als Final Four in Köln ausgetragen.

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