Kapitän der Nationalmannschaft: Spielführer im Abseits

Michael Ballack ist derzeit nicht gut genug für Joachim Löws Team. Dennoch darf er Kapitän bleiben. Ob er die Binde jemals wieder tragen wird, ist ungewiss.

Michael Ballack bleibt Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und wird in seiner Abwesenheit von Lahm vertreten. Bild: dpa

"Der Michael, sicher, klar …" Bundestrainer Joachim Löw tat sich dann doch schwer bei der Erläuterung seiner Antwort auf die K-Frage. Wie die lautet, hat er den Nationalspielern bereits am Dienstagabend gesagt: Michael Ballack bleibt Kapitän der Fußballnationalmannschaft. Weil er aber gerade nicht gut genug für das Auswahlteam ist, darf Philipp Lahm, der "seine Sache bei der WM sehr, sehr gut gemacht hat" (Löw), fürs Erste weiter mit der Binde am Arm auflaufen. Auf einer ersten Pressekonferenz vor dem Auftakt zur Qualifikation für die Fußballeuropameisterschaft 2012 gegen Belgien am Freitag (20.45 Uhr, ARD) versuchte Löw alles, um dem Thema die Brisanz zu nehmen, die ihm seiner Meinung nach die Medien völlig zu Unrecht gegeben haben.

Dass er eine merkwürdige, nie da gewesene Situation geschaffen hat, das wird jedoch auch ihm klar sein. Denn eines machte er sehr deutlich. Leicht wird es nicht für den nach dreimonatiger Verletzungspause gerade wieder einsatzfähigen Ballack, in die Mannschaft zurückzukehren. Über den grünen Klee hat Joachim Löw die Arbeit gelobt, die Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira bei der WM auf der Position vor der Abwehr verrichtet haben. "Das hat absolut meinen Vorstellungen entsprochen", sagte der Bundestrainer, auch was die Vorstöße nach vorne betreffe.

Und dann schien ihm einzufallen, dass er beinahe jemanden vergessen hätte: Der Michael, sicher, klar, "der hat das auch immer wieder getan". In einem "offenen und vertrauensvollen" Vier-Augen-Gespräch hat Löw seinem Kapitän die Nichtnominierung erläutert. Viel Zeit hat sich der Bundestrainer genommen, um seinem durch eine Verletzung um die WM-Lorbeeren gebrachten Kapitän zu sagen, dass er derzeit nicht gebraucht wird. Auch zwei längere Gespräche mit Ballacks Trainer in Leverkusen, Jupp Heynckes, hat Löw geführt.

Leicht hat er es sich nicht gemacht, der Bundestrainer. Und es ist wohl auch nicht einfach, einem verdienten Spieler, der auf die 34 zugeht, mitzuteilen, dass andere derzeit besser sind. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass sich Joachim Löw so viel Zeit gelassen hat für die Beantwortung der Kapitänsfrage, die ja am Ende genau so ausgefallen ist wie vor der WM angekündigt: Michael Ballack ist Kapitän, auch wenn er nicht spielt. Und wenn Ballack nicht spielt, darf Philipp Lahm die Binde tragen.

Der hatte die K-Frage erst zum Thema gemacht, als er vor dem Halbfinale der WM gegen Spanien im Mannschaftsquartier in Südafrika sagte, dass er das Kapitänsamt nicht freiwillig aufgeben wolle. Für diesen Vorstoß mochte Löw den Bindenträger nicht rüffeln. "Wir wollen ja, dass die Spieler da ihren Mund aufmachen", sagte er und wies noch einmal darauf hin, wie gut Lahm zusammen mit dem "starken Mannschaftsrat" um Bastian Schweinsteiger, Per Mertesacker, Miroslav Klose und Arne Friedrich bei der WM gearbeitet hätten. Das Kapitänsamt ist seit der Weltmeisterschaft eh nicht mehr so stark, wie es einmal war. Das hatte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff schon tags zuvor klar gemacht: "Die WM hat gezeigt, dass wir die Verantwortung auf mehrere Schultern übertragen müssen. Man hat auch gesehen: Einer allein kann es nicht."

Es war ein Plädoyer für flache Hierarchien, das Bierhoff da hielt. Die soll es aber nur in der Mannschaft geben, die im Gespräch mit dem Trainer nicht viel zu melden hat. Der imperative Charakter der Äußerung war nicht zu überhören, als Löw sagte: "Die Spieler äußern sich nicht gegenüber dem Trainer zu diesem Thema." Im Einzelgespräch könnten sie eventuell mal ihre Wünsche äußern, Bedingungen lasse sich der Trainer indes nicht stellen. Die Mannschaft mag als Kollektiv funktionieren, der Trainer gehört nicht dazu. Er steht darüber.

War noch was? Ach ja, das Spiel gegen Belgien, für Löw neben der Türkei und Österreich Mitfavorit auf den Gruppensieg. Ob es nicht gefährlich sei, über alles Mögliche zu sprechen, nur nicht über den Gegner vom Freitag, wollte ein belgischer Journalist vom Bundestrainer wissen. Da wurde Joachim Löw vorsichtig und versuchte die Erwartungen in der Fußballwelt, in der sich die Mannschaft durch ihre Auftritte bei der WM "so viel Respekt" erarbeitet habe, ein wenig runterzuschrauben. Viele Mannschaften, die eine erfolgreiche WM gespielt haben, hätten danach "Anlaufschwierigkeiten in der Qualifikation gehabt.

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