Eiskunstläufer beklagt sexuelle Belästigung: Ungeklärte Zudringlichkeiten

Unruhe im WM-Team der Eiskunstläufer: Der Sportdirektor des Verbandes soll einen Sportler sexuell belästigt haben.

Schöner Sport, schwarzer Schatten: Ein Teamkollege der Europameister Savchenko/Szolkowy bezichtigt Sportdirektor Dönsdorf der sexuellen Belästigung. Bild: dpa

LOS ANGELES taz Es wird geredet und gerätselt, und keiner weiß so recht, was von den unerfreulichen Nachrichten aus der Heimat zu halten ist. Die am Wochenende bekannt gewordenen Vorwürfe eines Berliner Eistänzers, er sei vom langjährigen Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union, Udo Dönsdorf, vor drei Jahren sexuell belästigt worden, haben im kleinen Kreis der deutschen Mannschaft bei den Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften in Los Angeles schnell die Runde gemacht.

Wie der Berliner Tagesspiegel berichtete, behauptet der 23 Jahre alte Läufer, mit seiner Partnerin in diesem Jahr Dritter bei den Deutschen Meisterschaften, der Sportdirektor sei im Juni 2006 am Vorabend eines Sichtungslehrgangs in Berlin in einem Hotelzimmer zudringlich geworden und habe ihn geküsst. Später habe Dönsdorf ihm in Anwesenheit eines Zeugen erklärt, man würde ihn ruinieren, falls er die Geschichte publik mache. Als er kürzlich im Rahmen seines Studiums das Thema "sexuelle Gewalt" behandeln sollte, sei das Thema wieder hochgekommen.

Ende Februar wandte er sich deshalb an mehrere Personen aus der Eislaufszene, unter anderem auch an die Vizepräsidentin der DEU, Elke Treitz. Inzwischen haben sich beide Seiten, sowohl der Sportdirektor als auch der Läufer, einen Anwalt genommen. Dönsdorf sagte seine geplante Reise zu den Weltmeisterschaften, wo er als Mannschaftsleiter vorgesehen war, ab, kommentierte die Vorwürfe aber bislang nicht.

Manches wirkt befremdlich in dieser Geschichte, nicht nur wegen der langen Zeit, die seit dem bewussten Abend vergangen ist, oder wegen des Zeitpunktes der Veröffentlichung unmittelbar vor Beginn der WM. "Ich kenne Udo Dönsdorf seit 30 Jahren", sagt der frühere Eistänzer und jetzige Mannschaftsarzt der DEU, Sven Authorsen, "und ich weiß genau, dass er sich immer korrekt verhalten hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er aus einer Privatgeschichte Vor- oder Nachteile für einen Läufer entstehen lässt."

Authorsen wurde von den Anschuldigungen ebenso überrascht wie der Rest der deutschen Mannschaft in Los Angeles. Die Berliner Trainerin Viola Striegler meint, man müsse die Angelegenheit von zwei Seiten betrachten: Zum einen sei der Läufer zum Zeitpunkt des Vorkommnisses volljährig gewesen, zum anderen habe dem Sportdirektor klar sein müssen, dass er in seiner Position besondere Verantwortung trage.

Die Führungskräfte der Deutschen Eislauf-Union haben zu alldem bisher nichts zu sagen. Der für Rechtsfragen zuständige Vizepräsident Uwe Harnos erklärte, bevor nicht beide Seiten gehört worden seien (es gab bislang nur ein Gespräch mit Dönsdorf), gebe es keinen Kommentar, und Präsident Dieter Hillebrand hüllte sich gänzlich in Schweigen. Die Verdienste der beiden bei der finanziellen Rettung des vor drei Jahren kurz vor dem Konkurs stehenden Verbandes sind unbestritten, aber moderne Öffentlichkeitsarbeit sieht anders aus. Sollte Dönsdorf wegen der Anschuldigungen von seinem Posten als Sportdirektor zurücktreten, dann sieht Viola Striegler jedenfalls harte Zeiten auf den Verband mit zwei Eiskunstlauf-Laien an der Spitze zukommen: "Die DEU löst sich völlig auf, wenn er weg ist."

Das sind garantiert nicht die Themen, mit denen sich die deutsche Delegation in Los Angeles im Vorfeld der WM beschäftigen wollte. Im Mittelpunkt des Interesses sollte das Unternehmen Titelverteidigung von Aljona Savchenko und Robin Szolkowy stehen, zumal die es nach einer frühen Anreise zur besseren Akklimatisation inzwischen kaum noch erwarten können, dass der Wettbewerb an diesem Dienstag beginnt.

Nach einer eher ungewöhnlichen Zeit der Vorbereitung, zu der Sonnenbäder am Swimmingpool, Ausflüge zum Strand und eine Busfahrt nach Hollywood gehörten, richten sie nun den Blick aufs Eis. "Ich hoffe, dass wir jetzt mehr Aufmerksamkeit durch sportliche Leistung erreichen könnten", sagt Trainer Ingo Steuer. Könnte nicht schaden.

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