Eissprinterin Jenny Wolf: "Wer hätte es mehr verdient?"

Wolf dominiert die 500 Meter der Eisschnellläuferinnen seit Jahren, hält den Weltrekord. Doch das zählt nicht bei Olympia. Hier war die Koreanerin Lee schlicht cooler.

Knappe Entscheidung: Jenny Wolf und die Koreanerin Lee Sang-Wa. Bild: dpa

VANCOUVER taz | Viele Athleten, die gedacht haben, bei Olympischen Spielen werde ihnen wegen großer sportlicher Verdienste eine güldene Medaille um den Hals gehängt, traten bitter enttäuscht die Heimreise an. Es geht beim wichtigsten Sportereignis nicht darum, die besten Athleten der vergangenen Jahre auszuzeichnen und aufs Podium zu hieven, derlei Sentimentalitäten leistet sich Olympia einfach nicht.

Die Berlinerin Jenny Wolf war die dominierende Eissprinterin der vergangenen drei Jahre. "Wer hätte es mehr verdient nach den letzten Jahren?", hat ihr Trainer Thomas Schubert direkt nach dem Rennen Dienstagnacht gefragt. Sie hält den Weltrekord (37,00 Sekunden). 2007, 2008 und 2009 war sie Weltmeisterin über 500 Meter. Ihr Erfolg auf dieser Strecke schien logisch, und doch belegte sie auf dem minus acht Grad kalten Eis des Olympic Oval nur den zweiten Platz: "Ich bin schon ein bisschen enttäuscht", sagte sie hinterher. "Ich werde sicher noch ein paar Tränen verdrücken."

Wolf hatte die Mitfavoritin Wang Beixing locker distanziert, aber im direkten Duell lief die Koreanerin Lee Sang-Wa an ihr vorbei zum Sieg. Ganze fünf Hundertstel lag Lee vorn. "Lee, die ist so cool, die schert sich um gar nichts", sagte Wolf. Die Deutsche ließ sich vorm ersten Lauf allerdings beeindrucken, erst vom Sturz der Niederländerin Annette Gerritsens, dann von einem Fehlstart Lees. "Sie hat die Spannung verloren", erklärte Schubert. "Ich hatte eigentlich ein gutes Gefühl in den Beinen, ich dachte, heute ist der Tag, an dem es funktioniert", sagte Wolf.

Sie verlor das Rennen im ersten Lauf, "aber da standen wir alle neben uns" – außer Lee. Die Südkoreanerin war sechs Hundertstel vorn, im zweiten Lauf konnte Wolf nur noch eine Winzigkeit gutmachen. "Dieser Lauf war aggressiver, die zweite Innenkurve habe ich voll durchgezogen", so Wolf. Aber da war nicht mehr zu retten, was sie im ersten 500-Meter-Durchgang vermasselt hatte.

Vor allem die ersten 100 Meter, auf denen sie sich normalerweise einen Vorsprung herausläuft, skatete sie nur durchschnittlich schnell: "Ich konnte meine Stärke im Angang nicht zeigen."

Jenny Wolf, die an der Humboldt-Uni ihr Germanistk- und Soziologie-Studium mit einem Magister abgeschlossen hat, hatte sich schnell gefangen, so fix gibt sie nicht auf, denn sie hat sich immer kontinuierlich verbessert, auch dann, als andere sie schon abschreiben wollten.

18 lange Jahre musste sie trainieren, bis sie die erste internationale Medaille gewinnen konnte. Sie ist eine Kurzstrecklerin, aber durchhalten kann Wolf wie kaum eine andere. In Turin war sie Sechste, in Vancouver Zweite. In Sotschi könnte sie ihre Karriere krönen: "Für mich sind Olympiasieger das Allergrößte. Also muss ich es in vier Jahren wieder probieren."

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