Leverkusen ohne Bayer: Wohin mit den Rhein-Riesen?

Seit Jahrzehnten wird unterm Bayer-Kreuz in Leverkusen erstklassig Basketball gespielt. Bald aber ist damit Schluss, da sich der Sponsor der Bayer Giants, die Bayer AG, zurückzieht.

Läuft nicht im TV, außer auf Kanälen die keiner empfängt: Bayer Giants gegen EnBW Ludwigsburg. Bild: dpa

Das Pokalspiel ihrer Telekom Baskets Bonn gegen die Bayer Giants war gelaufen, Leverkusen sicher auf der Siegerstraße, als die Bonner Fans ihren letzten Trumpf ausspielten: Sie sangen. "Nie mehr! Leverkusen!" Und das war Salz in die offene Wunde der Anhängerschaft der "Riesen vom Rhein". Seit die Bayer AG im Frühjahr ihren Rückzug als Sponsor zum Ende der Saison 2007/08 ankündigte, steht die Zukunft des Erstligisten in Frage. Weil die Suche nach Geldgebern stockt, liebäugeln die Verantwortlichen gar mit einem Umzug des Teams nach Düsseldorf oder Hamburg. Bei "weniger als 15 Prozent" sieht Abteilungsleiter Otto Reintjes die Chancen, in Leverkusen zu bleiben.

Ein solcher Ortswechsel ist nicht ohne Präzedenzfall, 2001 übernahmen die Köln 99ers die Erstligalizenz des TV SER Rhöndorf. Nun aber geht es nicht um irgendein Team, sondern um einen Verein, der seit vierzig Jahren in der Bundesliga spielt und mit 14 Meisterschaften und 10 Pokalsiegen die deutsche Basketball-Landschaft prägte wie kein anderer. Was aber sagt es über eine Liga, wenn ihr traditions- und erfolgsreichster Club - fast ein Bayern München der Basketball-Bundesliga (BBL) - sich zum Umzug gezwungen sieht?

"Der Profisport ist ein sich wandelndes Geschehen", sagt BBL-Geschäftsführer Jan Pommer. Einerseits könne ein vormals unbekannter Provinzclub wie die Artland Dragons aus Quakenbrück Vizemeister werden, andererseits sei auch schon der Abschied eines Traditionsclubs wie Brandt Hagen zu verkraften gewesen. "So bedauerlich es im Einzelfall ist, der Wandel ist hier das Beständige." Soll heißen: Zumindest mit der Liga als solcher ist alles in Ordnung.

Zwar hat man sich im Kölner Liga-Büro von den großen Plänen der Vergangenheit verabschiedet. Einst träumte die Basketballgemeinde davon, einmal die dritte Kraft der deutschen Sportlandschaft hinter Fußball und Handball zu werden, ein eigenes TV-Magazin lief bis 2003 samstags zur besten Sendezeit auf Sat.1.

Heute sieht das Konzept der BBL anders aus. Live-Spiele sind nur noch im Internet oder auf der Satellitenplattform Entavio zu sehen, einzelne Begegnungen und Zusammenfassungen laufen vereinzelt in den Regionalsendern. "Wir gehen davon aus, dass die TV-Präsenz extrem steigen wird", sagt gleichwohl Conrad Lagemann von der verantwortlichen Produktionsfirma Sportfive. Anders als Eishockey oder Handball hat die BBL keinen Zuschauerschwund zu beklagen. Der Schnitt stieg seit 2001/02 um 600 auf 3.455 in der vergangenen Saison. Auch die aktuellen Etats der Bundesligisten wurden erhöht, laut des Magazins Sponsors um durchschnittlich acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Zukunft sollen mit der jährlich steigenden Quote deutscher Spieler und einem Ausbildungsfonds Anreize zu nachhaltiger Nachwuchsförderung gesetzt werden. "Wenn du sie spielen lässt, werden sie kommen", ist das Motto; junge deutsche Talente sollen sowohl die alternde Nationalmannschaft auffrischen als auch daheim als Integrationsfiguren dienen.

In Leverkusen haben sie genau das jahrelang getan. Zwischen 2002 und 2005 schickte der Werksclub gar eine Mannschaft aus deutschen Leistungsträgern ins Rennen. Geholfen hat es nicht. Erst diese Saison darf sich ein überwiegend amerikanisches Ensemble dank seiner guten Ergebnisse über deutlich gestiegenen Fanzuspruch freuen. Doch auch das hilft bisher nicht bei der Sponsorensuche. Eingekeilt zwischen den Metropolen Köln und Düsseldorf, ist die Konkurrenz riesig."Wir sind keine TV-Sportart, darum stehen die Sponsoren nicht Schlange", sagt Reintjes. "Zudem haben wir in dieser kleinen Stadt einen Fußball-Bundesligisten. Das macht es sehr schwierig."

Die Bayer AG wird Breitensport und Jugendförderung weiter finanzieren - allein das Erstliga-Team müsste in einer eigenständigen GmbH aufgehen. Ebenso steht aber auch der komplette Verzicht auf die Lizenz im Raum. "In welche Richtung es geht, werden wir im Februar wissen, weil im März der Lizenzantrag da sein muss", sagt Trainer Achim Kuczmann. "Dann ist die Frage Leverkusen oder ..." Oder eine Reise rheinabwärts. Oder der Wandel zu den "Riesen von der Elbe". Oder - das Ende eine langen Basketballtradition.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.