die wahrheit: Mao darf nicht fliegen

Das Bild des von mir in frühester Jugend hochverehrten Mao Tse-tung hat im heutigen China einige Wandlungen durchgemacht...

... Unter anderem wird Mao als daoistischer Gott angebetet oder als Schutzpatron der Autofahrer. Jetzt hat sich dieses Mao-Bild für mich noch einmal erweitert. Als ich neulich in der Riesenstadt Chongqing weilte, sah ich im Shop des dortigen Drei-Schluchten-Museums eine Schneekugel. Nur war darin kein Schneemann oder Knusperhäuschen eingeschlossen, sondern eine goldene Plastik-Mao-Büste, der aus der Brust zwei goldene Drachenköpfe wuchsen. Statt Schnee regnete es goldenen Glitter sowie goldene Plastikkugeln und Münzen, auf denen unchinesische Köpfe abgebildet waren sowie ein amerikanischer Adler und die Aufschrift "In God We Trust". Auf Mao regnete es also Dollarmünzen.

Natürlich musste ich die Kugel haben. Sie kostete 38 Yuan, umgerechnet vier Euro. Die nette Verkäuferin verpackte sie in einem Pappkarton, auf dem "Paper-Weight" stand und Teddybären abgebildet waren, die grüne Westen trugen. Außerdem war ein Hinweis abgedruckt: "The surrounding temperature should between 0 - 50 ° C. Keep out of direct sunlight." Ich packte also die Maokugel sehr sorgfältig in meinen Rucksack, damit ihr nichts passieren konnte.

Am nächsten Tag wollte ich von Chongqing zurück nach Peking fliegen. Ich kam nicht weit, nämlich genau bis zum Security-Check auf dem Flughafen. Nachdem man meinen Rucksack zweimal durch den Scanner hatte fahren lassen, wurde er geöffnet und der Sicherheitsbeamte holte meine Maokugel raus: "You this check in", sagte er kühl und wies mich an, zurückzugehen. Als ich nicht sofort reagierte, zeigte er mir eine englischsprachige Liste und deutete dort auf den Satz, dass Flüssigkeiten im Handgepäck verboten seien. "But this is not only a fluid", antwortete ich, "this is chairman Mao." Es schien ihn nicht zu interessieren. Weil ich aber keine Anstalten machte umzukehren, holte der Sicherheitsbeamte einen Kollegen, der mir den Sachverhalt noch mal in richtigem Englisch erklärte. "Hier drin ist eine Flüssigkeit, und Behälter mit Flüssigkeiten müssen aufgegeben werden."

Also ging ich schweren Herzens zurück zum Check-in-Schalter und gab den Rucksack mit Mao auf. Anschließend passierte ich den Sicherheitscheck ohne Beanstandungen. Aber noch als ich im Flugzeug saß, konnte ich es nicht fassen. Was glaubten die Sicherheitsbeamten denn? Dass ich mit meinem Mao die Maschine in die Luft sprengen würde? Diese Männer hielten also mich und den hierzulande einst unkritisierbaren Gründer der Volksrepublik China für Terroristen. Wie konnten sie nur? Ich brauchte ein bisschen, bis ich begriff. Selbstverständlich hatten die Beamten recht. Der Mao, den ich dabei hatte, war schließlich mit Gold und Dollarmünzen bestochen. Der konnte alles sein, auch ein Terrorist. Nicht auszudenken, was mit ihm unterwegs alles hätte passieren können. Den Rest des Fluges war ich sehr froh, dass die Sicherheitsleute noch gerade rechtzeitig eingegriffen hatten.

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kari

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