Vieltelefonierern droht Rausschmiss: Flatrate heißt nicht unbegrenzt

Mobilfunkanbieter wie Eplus und Arcor drohen ihren Kunden trotz Pauschaltarif mit Kündigung, weil sie die bezahlten Dienste zu intensiv nutzen. Verbraucherschützer wollen eingreifen.

Dauerquatschen wird von den Netzanbietern nicht geduldet. Bild: dpa

Wer Telefon- und Internet-Dienstleistungen erwirbt, dem bieten die Betreiber in Deutschland inzwischen häufig für kleines, monatliches (Zusatz-)Geld eine "uneingeschränkte Nutzung" an. Das muss allerdings nicht bedeuten, dass diese wirklich uneingeschränkt nutzbar sind, wie Verbraucherzentralen nun warnen. Gleich mehrere deutsche Telekommunikationsanbieter sollen ihrer Kundschaft fristlos gekündigt haben, weil diese ihre Pauschaltarife "zu intensiv" genutzt haben sollen, obwohl in den entsprechenden Verträgen nicht näher ausgeführt ist, was das überhaupt bedeuten könnte.

Laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vom Wochenende verschickt der Netzbetreiber Arcor derzeit offenbar gleich reihenweise Briefe, in denen er Kunden seiner Auslandstelefonflatrate "International flat 1" mit der Kündigung droht, sollten diese ihre Gesprächssitzungen nicht "umgehend und erheblich reduzieren". Das Problem: Die geltenden Geschäftsbedingungen sind äußerst schwammig formuliert. So heißt es in den Arcor-AGB nur, die Flatrates dürften "ausschließlich zur Abdeckung seines privaten Telefonbedarfs" genutzt werden, der "nicht offensichtlich von der durchschnittlichen Nutzung privater Teilnehmer erheblich abweicht". Informationen, wie viele maximale Minuten das pro Tag beispielsweise bedeuten könnte, finden sich in dem Vertrag allerdings nicht.

Für die Kunden ist das äußerst verwirrend. Die FAS zitiert einen Kunden, dessen Frau tagtäglich zwischen eineinhalb und zwei Stunden mit ihrer Familie in Polen telefoniert. Die dabei zusammenkommenden 40 bis 50 Stunden scheint die Flatrate für 3,95 Euro im Monat zusätzlich nun aber nicht zu decken - es folgte ein blaues Anschreiben von Arcor, obwohl das Unternehmen doch damit wirbt, man könne per Pauschaltarif doch "endlos telefonieren".

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der E-Plus-Tochter Base. Deren mobiler Internet-Zugang soll eigentlich ebenfalls unendlich nutzbar sein. Dennoch kam es in letzter Zeit zu Kündigungen bei Vielnutzern, obwohl auch hier nur ungenaues zum so genannten "Missbrauch" des Dienstes in den Geschäftsbedingungen steht. Bei den Verbraucherzentralen sieht man dieses Vorgehen sehr kritisch. Lovis Wambach von der VZ Bremen wies gegenüber dem IT-Nachrichtendienst Golem auf ein Urteil aus dem vergangenen Sommer gegen einen anderen Internet-Anbieter hin, nachdem eine Kündigung wegen "Missbrauchs" nicht rechtens sei, wenn dieser Begriff zu ungenau formuliert wurde. Evelin Voß von der VZ Sachsen hält die aktuellen Kündigungen für "keinen angemessenen Umgang mit den Kunden". So soll es zum Teil auch keine Vorwarnung gegeben haben.

Der Hintergrundgrund für den Ärger um die Pauschaltarife ist schnell genannt:Die Telekommunikationsunternehmen bewegen sich mit ihren Flatrates generell auf einem geschäftlich dünnen Eis. Die Tarife funktionieren nur dann wirtschaftlich, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Kundschaft die Flatrate nur teilweise oder fast gar nicht nutzt. Die übermäßige Verwendung durch "Dauersauger" oder "Vielquatscher" wird so gegenfinanziert. Im Internet-Bereich kann das zumindest im Festnetz durchaus funktionieren - hier sind die Kosten für den notwendigen Datenverkehr in den letzten Jahren so gesunken, dass es sich oft lohnt. Kritischer wird es im Telefonie- und Mobil-Bereich, wo schärfer kalkuliert werden muss. So ist die Datenübertragung per Funkkarte in den nur von wenigen Betreibern dominierten Mobilnetzen noch immer nicht billig und auch die notwendigen Terminierungs- und Durchleistungsgebühren für Anrufe sinken langsamer. Was bleibt, ist eine Mischkalkulation. Nur sollten die Betreiber dies ihren Kunden auch offen sagen.

Einige Anbieter tun dies im Kleingedruckten. Wer beispielsweise ein iPhone bei T-Mobile kauft, erhält zwar proforma in fast allen Tarifen eine so genannte Flatrate. Schaut man sich die Bedingungen jedoch genauer an, ergibt sich, dass die beim teuersten Gesprächspaket spätestens bei verbrauchten fünf Gigabyte im Monat zu Ende ist - bei günstigeren Tarifen noch früher. Wer über dem jeweils angesetzten "fairen" Wert liegt, dem steht der mobile Internet-Spaß dann nur noch im Kriechgang zur Verfügung, denn T-Mobile reduziert zwangsweise die nutzbare Online-Bandbreite.

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