Parasitenbefall durch Fischproduktion: Zuchtlachs im Zwielicht

Auf die industriellen Bedingungen seiner Haltung reagiert der Zuchtlachs mit Parasitenbefall und Immunschwächekrankheiten. Der WWF droht, den Edelfisch auf die rote Liste zu setzen.

Lachse reagieren empfindlich auf Manipulation ihres biologischen Lebensraums. Bild: dpa

STOCKHOLM taz In der Weihnachtszeit hat der Zuchtlachs aus Norwegen wieder Hochsaison. Doch er gerät immer schärfer in die Kritik, wegen irreversiblen Umweltzerstörungen und der Ausrottung anderer Arten. Die norwegische Sektion der Umweltschutzorganisation WWF drohte der Regierung in Oslo kürzlich damit, norwegischen Zuchtlachs auf ihre rote Liste der Fischarten zu setzen, von deren Kauf man den VerbraucherInnen abrät.

Lachszucht ist "big business". Im vergangenen Jahr exportierte allein Norwegen Zuchtlachs für drei Milliarden Euro. Die Branche will weiter expandieren und drängt Oslo auf Genehmigung neuer Standorte; zudem sollen mehr Fische pro Käfig möglich werden. Fünf Prozent mehr "Biomasse" ab 2010 sieht ein Gesetzentwurf des Fischereiministeriums vor. Das gäbe so ganz ohne größere Investitionen einige Millionen mehr für die Aufzüchter und die Staatskasse. Experten warnen vor den Folgen. Doch deren Rat hat man schon vor einem Jahr in den Wind geschlagen, als es ebenfalls um eine "Verdichtung" des Käfigbesatzes ging.

Allerdings reagieren die Fische auf die Manipulation ihres biologischen Lebenszirkels und -raums zum Zwecke schnelleren Wachstums und effektiverer Produktion nicht nur mit Missbildungen, sondern auch mit Immunschwächeerkrankungen. In den letzten Monaten kam es in norwegischen Aquakulturen zu einer explosionsartigen Verbreitung der Lachslaus. Ein Parasit, der von Haut und Blut der Lachse lebt. Er bedroht nicht nur die Aquakulturen selbst, sondern auch wilden Fisch. Mittlerweile wurden Arten entdeckt, die gegen die üblichen Bekämpfungsmittel immun sind.

Trygve Poppe, Professor für aquatische Biologie an der norwegischen Veterinärhochschule warnt vor einer "Katastrophe", vor welcher die norwegische Lachszucht stehe. Er verweist auf Erfahrungen aus Chile, wo infolge eines ähnlichen Lachslaus-Ausbruchs vor drei Jahren weite Teile der Aquakultur-Wirtschaft zerstört wurden. Der norwegische Bauernverband und die Vereinigung der Lachsfischer fordert von der Regierung eine Rücknahme von 65 kürzlich erteilten neuen Aquakulturkonzessionen, da die Lachszucht sich "als nicht mehr bestandskräftig" bewiesen habe. Die von diesen Anlagen seit zehn Jahren ausgehende Bedrohung für den Wildlachs und andere wilde Fischarten habe sich durch das Lachslaus-Problem potenziert. Oslo reagierte auf diesen Druck nun erst einmal mit einer Vertagung der Entscheidung über die fünfprozentige Steigerung der Biomasse in den Aquakulturen auf Frühjahr 2010.

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