Welthandelsorganisation: "Alles nur Rauchschwaden"

Das WTO-Treffen präsentiert sich als Lösung in der Krise, sagt Peter Fuch von der Entwicklungsorganisation WEED. Dabei ist sie vollkommen überflüssig.

Die Delegierten treffen beim WTO-Ministertreffen ein. Bild: reuters

taz: Herr Fuchs, macht das WTO-Ministertreffen noch Sinn?

Peter Fuchs: Nein, es ist eine reine PR-Übung, um sich in der Krise als scheinbare Lösung zu präsentieren und zu sagen: Freihandel trägt zur Lösung der Krise bei, die WTO ist toll als Schutzschild gegen Protektionismus und sie hilft ja auch im Kampf gegen den Klimawandel. Alle drei Punkte sind Quatsch. Die Ministerkonferenz ist vollkommen überflüssig.

Können die Beschlüsse, die am Mittwoch herauskommen könnten, wirklich zu überhaupt nichts beitragen?

ist Experte für Welthandel bei der Nichtregierungsorganisation Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V. (WEED).

Das sagt die WTO ja selbst: Es wird keine Ergebnisse geben, nicht einmal eine gemeinsame Ministererklärung, sondern allenfalls eine kurze Zusammenfassung der Konferenzleitung. Ansonsten sind die Ergebnisse vor allem Pressemitteilungen oder diskursive Rauchschwaden, die hier produziert werden.

Eine neue Welthandelsrunde ist nicht einmal mehr offiziell Verhandlungsgegenstand. Woran liegt das?

Die Doha-Verhandlungen stecken fest, weil sich die Entwicklungsländer nicht mehr der Agenda der Industrienationen unterordnen. Sie haben sich mittlerweile in mehreren Verhandlungsprozessen, aber auch im alltäglichen Geschäft der WTO, längst zu eigenen Bündnissen zusammen geschlossen und sagen nein zur einseitigen Nord-Agenda der

Liberalisierung und der Monopolisierung durch geistige Eigentumsrechte. Hinzu kommt der weltweite zivilgesellschaftliche Protest. Mehr als noch in Europa ist die WTO in Asien und Lateinamerika verpönt.

Ist Doha damit vom Tisch?

Das kann man leider noch nicht sagen. Die Doha-Agenda ist nur nicht offizieller Verhandlungsgegenstand. Dennoch hält WTO-Generaldirektor Pascal Lamy an den Zielen fest und behauptet, dass wir uns in der Endphase der Doha-Runde befinden und sie bis 2010 abgeschlossen sein wird. Insofern ist Doha leider nicht vom Tisch.

Sind Sie froh darüber, dass es zumindest bei diesem Treffen zu keinen Fortschritten gekommen ist?

Natürlich sind wir heilfroh, dass die WTO-Prozesse stocken. Wir sind aber nicht froh, dass in anderen bilateralen Foren WTO-Plus-Verhandlungen laufen, die brandgefährlich sind. Und wir sind auch nicht froh darüber, dass der Diskurs in Genf trotzdem ungebrochen auf Freihandel und Monopolrechte setzt. Die offizielle Rhetorik lautet auch weiterhin: Die WTO hat in der Krise ihren Test bestanden und es gebe keinen Reformbedarf.

Zeigt der Widerstand der armen Länder bei der Doha-Runde nicht auch, dass ein Forum, wo sich die Entwicklungsländer zusammenschließen können, durchaus sinnvoll sein kann?

Wie jedes internationale Forum bietet auch die WTO den Entwicklungsländern eine Möglichkeit, sich gemeinsam gegen die dominanten Interessen zu wehren. Das spricht dafür, wie wichtig es ist, dass sich die armen Ländern zusammenschließen. Das spricht aber nicht für die WTO als Forum und schon gar nicht für ihre Kernprinzipien.

Was wäre aus Ihrer Sicht die Alternative zur WTO?

Historisch gab es mit der Unctad, der Welthandel- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, eine relevante internationale Organisation. Es gibt auch jetzt wichtige Verhandlungen im UN-Kontext, auf denen es um weltwirtschaftspolitische Belange geht. Ich plädiere für regionale Prozesse, wie jetzt in Lateinamerika, bei denen die Interessen der Entwicklungsländer in sinnvollere Kooperationsverträge gegossen werden als bei der WTO.

Welchen Stellenwert wird die WTO künftig noch haben, wenn eine Einigung so schwer zu erzielen ist?

Momentan scheint sie geschwächt. Aber sie wird eins der Bollwerke der alten Politik von neoliberaler Globalisierung bleiben.

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