Kretschmann will weniger PKWs: Aufschrei im Autoland

Müssen Porsche und Daimler massenhaft teure Luxuskarossen bauen? Der designierte Ministerpräsident Baden-Württembergs stößt eine Debatte an – und erntet Kritik.

Öko-Auto für den Stadtverkehr, konstruiert von einer Gruppe aus dem französischen Nimes. Bild: ap

BERLIN taz | Baden-Württembergs künftiger grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat eine Debatte über die deutsche Autoindustrie angestoßen. Sie solle weniger Autos verkaufen, riet er. Eine grüne Illusion? Oder hat die deutsche Automobilindustrie realistische Chancen, einen grundsätzlich anderen Entwicklungspfad einzuschlagen?

Vorläufig ist daran wohl nicht zu denken: Von den elf Millionen Pkws, die die deutschen Konzerne 2008 im In- und Ausland herstellten, verkauften sie knapp neun Millionen weltweit. Nicht hierzulande, sondern auf den Wachstumsmärkten unter anderem in Asien erzielen die einheimischen Hersteller ihre größten Erfolge. Vor allem große, teure und schnelle Fahrzeuge aus deutscher Produktion erfreuen sich dort großer Beliebtheit in den wohlhabenden Bevölkerungsschichten.

Im Gespräch mit der taz spielte Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück auf diesen Umstand an: "Die ausländischen Wachstumsmärkte wollen mehr Autos. Die Frage ist doch, ob dies deutsche Autos sind. Ich sage: Ja. Die Welt wartet aber nicht auf uns. Die Chinesen interessiert es nicht, was Herr Kretschmann wünscht." Warum sollte die private Autoindustrie auch freiwillig auf Gewinne verzichten, wenn sie die Möglichkeit hat, mehr abzusetzen?

"Die Chinesen interessiert es nicht, was Herr Kretschmann wünscht"

Vorläufig werden die Veränderungen deshalb eher im Kleinen liegen. "Eine wichtige Aufgabe besteht darin, die Autos mit Verbrennungsmotor zu optimieren", sagte Verkehrsexperte Thorsten Koska gegenüber der taz, "Treibstoffeinsparungen von bis zu 30 Prozent sind noch möglich." Für die Friedrich-Ebert-Stiftung hat Koska, Wissenschaftler am Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie, eine Studie über die "Zukunft der deutschen Automobilindustrie" verfasst.

Das sehen die Vertreter der Autoindustrie ähnlich. Daimler-Chef Dieter Zetsche antwortete Kretschmann etwas säuerlich: "Wir wissen, wo unsere Zukunft liegt und wie wir uns entwickeln." Die neue A-Klasse beispielsweise werde "niedrige Verbräuche" aufweisen. Porsche-Betriebsrat Hück pflichtete ihm bei: "Es geht darum, mehr umweltfreundliche Autos herzustellen. Wir müssen Vorreiter für moderne Antriebstechniken werden."

Grundsätzlicher Strukturwandel in Autobranche

Allerdings wissen sowohl die Autoindustrie als auch die autofreundliche Bundesregierung, dass Deutschland langfristig ein grundsätzlicher Strukturwandel seiner Vorzeigebranche nicht erspart bleibt. Angesichts des Klimawandels und des steigenden Erdölpreises stellt sich die Frage, ob Autos nicht eher mit Strom als mit Öl fahren sollten.

Bis der Markt für elektrische Fahrzeuge allerdings so groß sein wird, dass er den heutigen Absatz konventioneller Autos teilweise oder ganz ersetzen kann, dürfte noch viel Zeit vergehen. "Der Verkauf von ausschließlich elektrisch betriebenen Fahrzeugen wird vorläufig nicht rentabel sein", sagt Koska. "Diese Schwelle werden wir vermutlich erst zwischen 2020 und 2030 erreichen."

Vorher müssen die Unternehmen Milliarden investieren. Irgendwann aber wird es so weit sein. "Wir werden es schaffen, den vollelektrischen Porsche auf die Straße zu bringen", sagte Betriebsrat Hück, "aber das geht nicht von heute auf morgen. Einen elektrischen Boxter haben wir allerdings schon im Test."

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