Geplanter Genmaisanbau: BASF hofft auf Seehofer

Noch diesen Monat könnte der Bundestag über die Zukunft der Grünen Gentechnik in Deutschland entscheiden. Agrarminister Seehofer (CSU) steuert mit seiner Politik einen Zickzackkurs.

Genmais auf einem Versuchsfeld: Auch für die Landwirte in Seehofers Wahlkreis unverdaulich. Bild: dpa

BERLIN taz | Noch hoffen Gentechkonzerne wie Monsanto oder BASF, dass sie dieses Jahr auch hierzulande so richtig in die Grüne Gentechnik einsteigen können. Auf einer Ackerfläche von rund 2.500 Hektar standen in Deutschland im vergangenen Jahr gentechnisch veränderte Maispflanzen. Den Gentechkonzernen ist das bei weitem nicht genug. Sie drängen bei der Bundesregierung darauf, die ihrer Meinung nach zu strengen Gentechregeln aufzuweichen.

Voraussichtlich noch in diesem Monat wird im Bundestag über die Zukunft der Grünen Gentechnik entschieden. Ende Januar soll das von Agrarminister Seehofer (CSU) vorgelegte neue Gentechnikgesetz verabschiedet werden. Geplant ist zudem die Verabschiedung von erleichterten Regelungen für eine Gentechnik-Kennzeichnung.

Ursprünglich angetreten war Seehofer mit den Vorsatz, der Gentechnik auch in der Landwirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen. "Eine seiner ersten Amtshandlungen war es dann auch, den kommerziellen Anbau der Monsanto-Maissorte MON 810 in Deutschland zuzulassen", so die grüne Agrarexpertin Bärbel Höhn. Seine Amtsvorgängerin, Renate Künast von den Grünen, hatte sich seinerzeit noch strikt geweigert, die vorliegende EU-Genehmigung für MON 810 in Deutschland umzusetzen.

Monsatos MON 810 war die erste - und ist derzeit immer noch die einzige - Gentechpflanze, die aus kommerziellen Gründen hierzulande großflächig angebaut werden darf. "Seehofer hat damit dem Gentechanbau in Deutschland überhaupt erst die Tür geöffnet", ist sich Bärbel Höhn sicher. "Erst die Wähler in seiner Heimatstadt Ingolstadt haben ihn von seinem einseitigen Pro-Gentech-Kurs abgebracht, indem sie ihm klarmachten, dass es auch Probleme beim Anbau von Gentechpflanzen gibt." So haben die Landwirte in Seehofers Wahlkreis ihre Region zu einer "gentechnikfreien Zone" erklärt.

Name der Genmaissorte: "MON" steht für Monsanto, den US-amerikanische Agrarkonzern. 810 ist so etwas wie eine Seriennummer.

Bedeutung: Genkartoffeln, Generbsen oder Genweizen dürfen bislang nur zu Versuchszwecken auf den Acker. Die Maissorte MON 810 ist derzeit die einzige gentechnisch veränderte Pflanzensorte, die in der Europäischen Union für den großflächigen Anbau zugelassen ist.

Besonderheit: Biotechnologen haben in MON 810 die Erbsubstanz des Bacillus thuringiensis (Bt) eingebaut. Dieser Bazillus produziert ein für den Maiszünsler tödliches Gift. Der Maiszünsler ist ein Schmetterling - mit großem Appetit auf Mais. Vor allem die Raupen machen dem Mais zu schaffen, weil sie die Stängel anfressen. Der Mais kippt dann um.

Zweck: Monsanto verspricht den Bauern, mit dieser neuen Sorte höhere Erträge zu erzielen. Der Mais gedeihe besser und es müssten weniger Spritzmittel gegen lästige Insekten auf den Acker gesprüht werden.

Vorbehalte: Forscher sind skeptisch, ob das in den Pflanzen produzierte Gift nur gegen den Maiszünsler wirksam ist. In Studien heißt es, dass auch andere Insekten beeinträchtigt werden. Forscher aus Ungarn zeigten beispielsweise: Die Raupen des Tagpfauenauges sterben, wenn sie mit Blättern gefüttert werden, auf denen sich Genmaispollen breitgemacht haben.

Verbreitung: Wer Genmais anbauen will, muss den Acker melden. Dieser wird dann im Standortregister des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz gelistet. 2007 wuchs auf 2.685 Hektar Genmais, vor allem in den östlichen Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Die Genmais-Fläche macht einen Anteil von 0,16 Prozent an der gesamten Maisanbaufläche Deutschlands aus. Die Bauern haben Vorbehalte.

Anbaustopp: Andere Länder haben MON 810 schon lange vor Frankreich verboten. Österreich und Griechenland verhängten zum Beispiel einen Anbau- und Importstopp. Auch in Ungarn, in Polen sowie in der Slowakei darf MON 810 nicht auf den Acker. Die Regierungen wenden eine Schutzklausel der Europäischen Union an, nach der Mitgliedstaaten ein Verbot aussprechen können, wenn sie Gesundheits- oder Umweltrisiken befürchten.

Druck I: Die Welthandelorganisation zwingt Brüssel, den europäischen Markt für gentechnisch veränderte Lebensmittel zu öffnen. Im November vergangenen Jahres hatte die EU ein von Kanada, den USA und Argentinien betriebenes Verfahren vor der WTO verloren. Die EU muss spätestens bis zum 11. Februar eine Lösung präsentieren.

Druck II: In Berlin wollen ab diesem Mittwoch Naturschutzverbände gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft demonstrieren. Zehn Tage werden sie den Bundestag belagern. Dazu bringen sie 60 große Plakate mit. HG

Besonders deutlich wird Seehofers Zickzackkurs bei dem Zulassungsverfahren für MON 810. Nachdem er die Sortenzulassung 2005 durchgesetzt hatte, untersagte Anfang 2007 das ihm unterstellte Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aus Gründen des Umweltschutzes den weiteren Handel mit dem MON 810-Saatgut. Wenige Monate später wurde das Vertriebsverbot wieder aufgehoben.

In anderen Ländern besteht dagegen schon lange ein Anbauverbot für MON 810. Jetzt gehört auch Frankreich dazu. "Seehofer sollte dem Vorbild Frankreichs folgen und die Zulassung von MON 810 aussetzen", fordert Höhn. "Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass MON 810 einen negativen Effekt auf die Umwelt hat." Frankreich habe das erkannt und mit dem Anbauverbot die richtigen Konsequenzen gezogen. "Seehofer sollte ebenso handeln."

Die Erwartung der Grünen halten sich jedoch in Grenzen. "Seehofers Gentechkurs war in der Vergangenheit windelweich", so Höhn gegenüber der taz. "Er schwankt ständig hin und her."

Dies könnte sich auch bei der anstehenden Neuregelung der Gentechnik-Kennzeichnung für Lebensmittel zeigen. Demnach sollen Produkte von Tieren schon dann ein "Ohne Gentechnik"-Label bekommen dürfen, wenn sie nicht mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert worden sind. Diese Kennzeichnung als gentechfrei soll also bereits möglich sein, wenn die Tiere gentechnisch hergestellte Zusatzstoffe wie Vitamine erhalten haben.

Nachdem sich die Gentechkonzerne jahrelang grundsätzlich gegen eine Kennzeichnung ausgesprochen hatten, fordern sie jetzt: Alles müsse bei den Lebensmitteln angegeben werden. Auch gentechnisch hergestellte Enzyme oder Zusatzstoffe wie Vitamine. Die Strategie ist klar: Dann müsste vermutlich einem Großteil der Produkte im Supermarkt ein Gentech-Label aufgeklebt werden. Der Konsument hätte dann oftmals keine Möglichkeit mehr, sich gegen Gentechnik zu entscheiden.

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