Online-Menschenkette: Bastel Deinen Demonstranten

Mit der Aktion "Hand in Hand gegen die Kohle-Lobby" protestieren Bürger gegen den Neubau von Kohlekraftwerken: Sie bilden eine virtuelle Menschenkette im Netz.

Virtuelles Händereichen: Die Online-Demonstranten. Bild: sreenshot klima-aktion.de

Über 2000 Menschen protestieren momentan gegen den Bau des größten Kohlekraftwerkes in Europa in Neurath bei Düsseldorf. Demonstranten mit farbenfrohen Klamotten und witzigen Frisuren, die seit Stunden auf dem Baugelände stehen und Plakate schwenken. Und die übrigens nicht real sind.

Es handelt sich im eine virtuelle Menschenkette, die vom Online-Netzwerk Campact und der Klima-Allianz, einem Bündnis von mehr als 80 Organisationen, initiiert wurde. Mit der Menschenkette, die seit Donnerstag unter www.klima-aktion.de online ist, sollen Bürger und Bürgerinnen gegen den Neubau von Kohlekraftwerken protestieren können. "Bürger reichen sich im Internet die Hand für mehr Klimaschutz und stellen sich gemeinsam der Macht der Energiekonzerne entgegen", heißt es in einer Pressemitteilung von Campact.

Wie man sich im Internet die Hand reicht, kann man dabei selbst mit beeinflussen, jedenfalls was das Outfit angeht. Wer mitmachen möchte, kann ein Foto von sich hochladen und seinem Online-Demonstranten dann Kleidung und Frisur aussuchen. Auch den Spruch fürs virtuelle Plakat kann man wählen - das Spektrum der Teilnehmer reicht von "Scheiß-Kohlekraftwerke hier..so gehts ja mal gar nich.." bis "Kohle ist zum Grillen da!".

Zugegeben, eine niedliche Idee. Aber was genau ist das Ziel der Online-Menschenkette? Soll der originelle Einfall lediglich die Aufmerksamkeit der Internetsurfer auf das Thema Kohlekraftwerke lenken, oder soll er der Anstoß sein für konkrete, oder vielmehr nicht-virtuelle Handlungen? Beides, meint Campact-Sprecher Christoph Bautz. "Wir wollen einerseits Druck ausüben, andererseits natürlich die Menschen mobilisieren."

Da stellt sich doch die Frage, ob man die Leute denn wirklich mit lustigen kleinen PC-Spielchen weg vom Computer und raus auf die Straße locken kann. Christoph Bautz sieht das realistisch: "Es werden nicht alle kommen, und einige werden einfach keine Zeit haben. Die wollen dann aber trotzdem ein Zeichen setzen, eben online." Und genau das sei auch die Idee, die hinter Campact stehe: Jedem Menschen die Möglichkeit zu geben, sich zu engagieren, egal, was für ein Zeitbudget er hat. "Campact ermöglicht es politisch aktiv zu werden, auch wenn neben Studium, Beruf und/oder Familie nur wenig Zeit bleibt", heißt es auch auf der Website.

Politisches Engagement per Mausklick also. Weltverbessern für Zwischendurch? Campact-Sprecher Bautz sieht das nicht so. "Bei uns soll für jeden etwas dabei sein. Manchmal reicht ein Click oder eine Mail, weil es bei der Wirkung auf die Masse ankommt." Zum Beispiel habe eine Protest-Mail-Aktion für die ernsthafte Debattierung des neuen Gentechnik-Gesetzes, dass in einer Nachtlesung behandelt wurde (taz berichtete), große Resonanz gefunden und sei von den Politikern wahregnommen worden. "Man kann auch mit Mails politisch etwas bewegen, wenn es nur genug sind", so Bautz.

Dennoch funktionieren auch bei Campact die Kampagnen nicht nur mit virtuellem Einsatz. Im Oktober etwa waren in 80 Städten Campact- und attac-Aktivisten unterwegs, um die Menschen in Zügen und an Bahnsteigkanten über die Folgen der Bahnprivatisierung aufzuklären. Und auch die Online-Menschenkette soll letztendlich der Auftakt sein für eine große und vor allem reale Menschenkette am 8.Dezember in Neurath.

So ganz ohne vom Schreibtisch aufzustehen geht es eben doch nicht.

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