Laufzeitverlängerung von AKW: Christsoziale sind gespalten

Die Landshuter CSU fordert, den Reaktor Isar 1 abzuschalten. Die Landesregierung will aber die Laufzeit verlängern - Bedenken wegen Sicherheitsmängeln hat sie keine.

Sieht zwar idyllisch aus - sorgt aber für Zoff innerhalb der "natürlichen" Regierungspartei Bayerns: AKW Isar I und II. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Zumindest bei den bayerischen Grünen läuft die Zeit für Isar 1 noch unerbittlich herunter. Auf ihrer Webseite hat die Landtagsfraktion einem der ältesten Atomkraftwerke Deutschlands einen Countdown eingerichtet. Heute in 307 Tagen, am 10. Juni 2011, soll Isar 1 seine gesetzliche Reststrommenge ausgeschöpft haben und vom Netz gehen. Die bayerische Staatsregierung will das bislang mit aller Kraft verhindern und hat gute Chancen auf Erfolg.

Doch nun fordert nicht mehr nur die Opposition das Ende des Reaktors. Am Freitag verabschiedete der Stadtrat von Landshut mit 30 von 40 Stimmen eine Resolution für die Abschaltung von Isar 1. Der seit 31 Jahren betriebene Reaktor sei ungenügend gegen Flugzeugabstürze gesichert und werde wegen des Ausbaus von erneuerbaren Energien nicht mehr benötigt. Das Bemerkenswerte: Der Antrag zur Resolution kam von der CSU. Die große Mehrheit der Fraktion im Stadtrat stimmte für die Abschaltung, sogar der Landshuter CSU-Bürgermeister Hans Rampf.

"Allein dass so etwas aus der CSU-Ecke kommt, hätte ich mir noch vor einem halben Jahr nicht träumen lassen", sagt der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, zur taz. "Die Debatte ist alles andere als gut für die Pro-Atom-Seite." Die bayerische Regierung habe vor einer Debatte über sichere und unsichere Atomkraftwerke "wahnsinnige Angst", meint Hartmann.

Und nicht nur im rund zehn Kilometer von Isar 1 entfernten Landshut gibt es Befürchtungen, der Uraltreaktor sei unsicher. Im 100 Kilometer entfernten Linz warnt gar die Landesregierung von Oberösterreich vor einer Laufzeitverlängerung. Die wäre bei Isar 1 "besonders verantwortungslos", meint Umweltlandesrat Rudolf Anschober von den Grünen. Das Kraftwerk zähle zu den "ältesten und veralteten" Reaktoren Deutschlands. Für Anschober ist Isar 1 ein ähnlich großes Sicherheitsrisiko wie das umstrittene Kraftwerk im tschechischen Temelín.

Die bayerische Grünen-Fraktion hat im Juni ein fast hundert Seiten langes, von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten zur Sicherheit von Isar 1 vorgestellt. Die beauftragten Wissenschaftler fanden gefährliche Sicherheitsmängel. Der Sicherheitsbehälter sei zu klein, die Wände des Reaktorgebäudes zu dünn. Im Falle eines Flugzeugabsturzes, etwa durch einen Terroranschlag, böten sie keinen ausreichenden Schutz. "Das Risiko ist für den Reaktor Isar 1 aufgrund der bestehenden Auslegungsdefizite unvertretbar hoch", heißt es in dem Papier.

Die CSU-FDP-Landesregierung will von Sicherheitsmängeln offiziell nichts wissen. "Wenn das Kraftwerk - wie behauptet - nicht sicher wäre, müssten wir es ja sofort abschalten", sagte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Die Forderung, Isar 1 vom Netz zu nehmen, könne er nicht nachvollziehen.

Auf ein paar CSU-Politiker kann sich die Atomlobby zumindest noch verlassen. CSU-Chef Erwin Huber trat vergangene Woche laut Süddeutscher Zeitung zusammen mit dem Geschäftsführer der Atomkraftwerke Isar 1 und Isar 2 auf. "Es gibt keine Sicherheitslücke", erklärte er.

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